FIDENA - Das Festival

MARIA AND MYSELFIES

16. Mai 2022

Theatermacherin Winnie Luzie Burz (@winnie_luzie) gibt Maria, der vermeintlich heiligen Jungfrau und Mutter Gottes in „Maria & Myselfies“ eine Stimme und erschafft dabei eine vielschichtigere Frau als es das religiöse Idealbild zulässt. Unsere Autorin Sherin El Safty (@miss_elefunk) über die Vorstellung beim @fidena_festival.
 

Schon bevor die Performance beginnt, ist Maria auf der Bühne. Noch ist sie in weiße Tücher gehüllt, nur ihre Füße sind zu sehen. Erst mit dem Einsetzen von Orgelklängen wird sie nach und nach sichtbar. Die nun losen Stoffe landen auf einer Wäscheleine, sind aber schon nicht mehr weiß, sakrale Mariengemälde prangen stattdessen darauf.

Im Laufe der Performance erscheinen immer mehr Mariendarstellungen, ob auf heruntergleitenden Leinwänden oder dem Unterrock der Darstellerin. Und Winnie Luzie Burz tritt mit ihnen in Interaktion: Sie leiht Maria ihre Arme, ihr Gesicht, ihren Körper, ihre Stimme und fügt sich auf diese Weise selbst in die Gemälde ein. Performerin und Maria werden eins, verschmelzen miteinander.

Dabei löst sich die Performerin vom heiligen Archetyp. Maria ist hier nicht nur die barmherzige und unschuldige Mutter Gottes, sondern zeigt auch unbekannte Facetten. So verleiht Burz der Maria in einem Gemälde eine machtgierige und geringschätzende Stimme, auf dem sich ihr Menschen zu Füßen werfen. In einem anderen Gemälde wird Maria als sexuell empfindende und aktive Frau verkörpert.

Der Bruch mit gängigen Mariendarstellungen wird von Musik begleitet (Johannes Tress @treburz), die sich von kirchlichen und himmlischen Klängen zu schiefen, verzerrten, abgehackten Elektrosounds wandelt.

So überrascht die Performance mit kreativen, teils skurrilen Darstellungen und lässt uns staunend, manchmal ratlos zurück. „Maria & Myselfies“ erweckt historische Gemälde und Maria selbst zum Leben und ermöglicht so einen ungewohnten und feministischen Zugang, der gängige Frauendarstellungen hinterfragt.

 

Foto: Ronny Schonebaum

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