Kunstpiep

Christian Bollow über »meinhardt & kraus«

Iris Meinhardt studierte Figurentheater an der Stuttgarter Hochschule und dokumentierte bereits in ihren studienbegleitenden Arbeiten eine frappierende Klarheit im künstlerischen Ausdruckswillen. Bereits drei Jahre vor ihrem Diplomabschluss, debütierte sie international mit „bing“, einem 20minütigen Solostück mit Projektionen nach dem Prosatext von Samuel Beckett, das mit einer Kombination literarischer, choreografischer und filmischer Elemente nicht nur stilistisch wichtige Komponenten ihrer späteren Stücke vorwegnahm, sondern ihre Macherin als eine völlig neue, eigenwillige Stimme in der freien Figurentheaterszene präsentierte.

Von Anfang an arbeitete die stark vom Tanz geprägte Figurenspielerin eng zusammen mit dem Regisseur und Videokünstler Michael Krauss und dem Musiker und Komponisten Thorsten Meinhardt. Stücke von „meinhardt & krauss“ sind alles andere als gefällig. Geprägt von einem hohen ästhetischen Anspruch ziehen sie ihre Kraft aus poetischen Konstellationen, sie breiten Assoziationsfelder aus und sind in ihrem Ablauf eher durch eine bildnerisch-rhythmische Dramaturgie als durch stringente Erzählung bestimmt. Dies liegt, neben dem unzweifelhaften Können, der Präzision und künstlerischen Entschiedenheit, meines Erachtens vor allem an einem Aspekt: Selbst in ihren gewagten Kompositionen sind ihre Arbeiten fern aller Proklamation, sie versuchen nicht zu überzeugen, nicht zu zwingen. Ihre Stücke behalten bei aller poetischen Verdichtung in Bild und Wort stets den Impetus einer Einladung, eines Vorschlags und vertrauen mit Offenheit und Charme in die Ansprechbarkeit ihres Publikums.

Christian Bollow ist Mitarbeiter für Dramaturgie und Öffentlichkeitsarbeit am FITZ! Zentrum für Figurentheater, Stuttgart.