"Eigentlich anders" Stipendiat*innen stehen fest!
Unter dem Titel „Eigentlich anders“ wurde erstmals in der Geschichte der FIDENA ein Residenzprogramm ausgeschrieben. Künstler*innen aus der Sparte des Puppen-, Figuren- und Objekttheaters waren aufgerufen, sich auf die Stipendien in Höhe von je 3000 € zu bewerben. Zusätzlich erhalten alle Stipendiat*innen einen Zuschuss von 400 €, um mit einer*m Wunschmentor*in zu arbeiten.
Das Festivalteam reagierte mit der Förderung unmittelbar auf die durch Corona bedingte veränderte Arbeitsrealität der Szene. „Wir müssen den Künstlerinnen und Künstlern trotz Pandemie ermöglichen, ihre künstlerischen Pläne weiterverfolgen zu können. Ich freue mich besonders über die Vielzahl an Bewerbungen, die sich durch eine hohe künstlerische Qualität ausgezeichnet haben“, erklärt Festivalleiterin Annette Dabs. Aus 59 Bewerbungen wählte eine Jury zwölf Vorhaben aus, an denen in den kommenden Monaten geforscht wird. Präsentiert werden die Arbeitsstände beim Fritz-Wortelmann-Preis der Stadt Bochum im September 2021.
Finanziert werden die Stipendien durch Restmittel der FIDENA, das Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW sowie durch die Stadt Bochum.
Ausgewählte Vorhaben
Die geförderten Vorhaben kommen aus dem gesamten Bundesgebiet und zeigen eine eindrucksvolle Bandbreite an Themen und Ästhetiken.
In „Echoing Walls” geht die Künstlerin Clara Palau y Herrero den Zusammenkünften von Körper und Raum nach. Basis der installativen Figurentheaterperformance wird eine faltbare Raumkonstruktion mit 16 Wänden sein.
Julia Nitschke forscht in „Es war einmal…ganz anders“ (AT) zu poetischen Metaphern des Anpassens und des Nicht-Anpassens. Im Mittelpunkt stehen dabei Mitbringsel aus Polen, dem Herkunftsland ihrer Großeltern. Anhand dieser Objekte arbeitet Nitschke zu Erzählungen ihrer Familiengeschichte und -herkunft.
Das Duo Human Beans (Nadia Ihjeij & Moritz Bütow) widmet sich in „UNBEHAGEN“ (AT) dem irritierenden Moment im Gewohnten. Mittels Livemusik, Lichtkunst und Objekten werden sie an einer Sinfonie des Unheimlichen forschen.
Das Kollektiv scheinzeitmenschen (Birk-André Hildebrandt & Valeska Klug) rückt Nebel in das Zentrum ihrer Arbeit und macht ihn zum Protagonisten einer Materialchoreografie. In „Choreografie für Nebel und Objekte“ bringen sie Nebel und Dampf durch Objekte und Lichtprojektionen das Tanzen bei.
Die Puppenspielerinnen Kotti Yun und Franziska Dittrich entwickeln mit “DELETE PRINCESS: Yes/No” (AT) ein partizipatives Theaterprojekt für Mädchen* und junge Frauen* zwischen 10 und 14 Jahren. Zentrales Thema des Projektes ist Scham, die sie als wichtiges soziales Gefühl kritisch hinterfragen und untersuchen.
In „Kaffee mit oder ohne Zucker?“ forscht Laia Ribera Cañénguez an einer Soloperformance zwischen zeitgenössischem Dokumentartheater und Objekttheater. Thematisch geht sie darin der deutschen Einwanderungsgeschichte in Mittelamerika nach, die eng mit der Produktion von Kaffee und Zucker verwoben ist.
Li Kemme, die* bereits den Fritz-Wortelmann-Preis der Stadt Bochum gewonnen hat, setzt sich in dem Projekt mit dem Atem auseinander. „Denk Mal Langer Atem“ ist die Forschung danach, wie ein Langzeitprojekt im Figurentheater gestaltet sein kann, das nicht vor hunderten Jahren fertig ist.
Das Figurentheater und andere Sachen (Eva-Maria Schneider & Moritz Decke) fragt danach, wie Aufritte umweltverträglich sein können und zugleich Menschen erreichen, die wenig Berührungspunkte mit Figurentheater haben. In „Flitz und Glotz“ funktionieren sie ein Lastenfahrrad zur mobilen Bühne um, um den Hafen der festgelegten Spielorte zu verlassen.
Rafi Martin entwickelt eine Recherche zu feministischer Aneignung von Gewalt durch die Kampfkunst des Boxens und deren verschiedener Trainingselemente. Mit zwei professionellen Boxerinnen und einer*em Figurentheatermacher*in hinterfragt und entwickelt „schlagen ins Leere“ eine feministische Ästhetik weiblicher Gewalt.
In „Das Tier in mir“ forscht Emilien Truche über das menschliche Verhältnis zum Tierreich. In dem Rechercheprojekt baut Truche verschiedene tierische Masken, Halbkörpermasken und tierische Körperteile nach und spielt mit dem Verstecken und Zeigen.
manufaktor nehmen Männlichkeit unter eine machtkritische Lupe. Ziel der Recherche zu „SCHLIPS!“ ist ein Theaterstück für Jugendliche zu entwickeln. Der Schlips als das Symbol der männlichen Macht wird zerstört, neu bewertet, umgedeutet und dekonstruiert, um eine empowernde Handhabe zu entwickeln.
Die Figurenspielerin Sarah Wissner wird mit ihrem Kollektiv Polypatent in „gesICHter“ sich selbst, ihren Körper und ihr Gesicht zum Versuchsfeld machen. In einem Spiel mit Masken und anderen Mitteln wird sie sich daran wagen, ihren Körper zu dekonstruieren und neu zusammenzusetzen, sich von einem Subjekt zu einem Objekt machen zu lassen – und wieder zurück.
Die Jury
Anne-Kathrin Klatt – Künstlerin
Jonas Klinkenberg – Westflügel Leipzig
Sylvia Deinert – Fundus Theater Hamburg
Florian Rzepkowski – Figurentheater Osnabrück
Tim Sandweg – Schaubude Berlin
Ein Zukunftsprojekt der