Frist: 19. März 2021, Tagung der HdK Bern:
Call for Papers
Kunstfiguren – Ästhetische Strategien und performative Praktiken von künstlerisch gestalteten Identitäten
Interdisziplinäre Tagung am 21.‒22. Oktober 2021
Veranstaltungsort: Hochschule der Künste Bern, Theater, Zikadenweg 35, 3006 Bern
Deadline: 19. März 2021
Künstlerisch gestaltete Identitäten, die von den jeweiligen Künstler*innen selber entwickelt und performt werden und sich von deren Alltagsidentität unterscheiden, können als Kunstfiguren bezeichnet werden. Darunter können zum Beispiel Ziggy Stardust von David Bowie, Conchita Wurst von Thomas Neuwirth sowie Lady Gaga von Stefani Joanne Angelina Germanotta oder Borat Sagdiyev von Sacha Baron Cohen ebenso wie Roberta Breitmore von Lynn Hershman Leeson oder Rrose Sélavy von Marcel Duchamp gezählt werden. Diese Auflistung ist nicht abschließend zu verstehen, vielmehr zeigt sie das breite Spektrum auf, das mit dem Begriff Kunstfigur verbunden werden kann.
Künstler*innen nutzen für die Gestaltung ihrer Kunstfiguren u.a. Strategien der Comedy und der Pop-Kultur, können mit ihren Kunstfiguren in verschiedenen Medien auftreten und auch Social Media als Auftrittsplattformen einsetzen. Zudem verhandeln sie Zuschreibungen von Identitätsmerkmalen wie Gender und Ethnie.
Ausgehend von Erscheinungsformen aktueller Kunstfiguren ebenso wie von ihren künstlerischen Darbietungen macht es sich die interdisziplinäre Tagung zur bislang kaum erforschten Darstellungsform Kunstfigur zur Aufgabe, die ästhetischen Strategien und performativen Praktiken von künstlerisch gestalteten Identitäten zu diskutieren.
Die Tagung wird ausgerichtet von dem am Institut Praktiken und Theorien der Künste (Hochschule der Künste Bern) angesiedelte und vom Schweizerischen Nationalfonds geförderte Projekt «Kunstfiguren – Gestaltungsprozesse fiktiver Identitäten». Im Fokus des Projektes stehen insbesondere Künstler*innen, die mit ihren Kunstfiguren gesellschaftsrelevante Themen aufgreifen und diese auf künstlerische Weise vermitteln, wie zum Beispiel Müslüm von Semih Yavsaner, Sherry von Ann Liv Young und Jilet Ayşe von Idil Baydar sowie Protektorama von Johannes Paul Raether.
Wir heißen Beiträge von Wissenschaftler*innen und praktizierenden Künstler*innen willkommen, die vor diesem Hintergrund auch folgende thematische und methodische Aspekte erörtern:
- Identitätskonstruktionen und Subjektmodelle in performativen Darstellungsformen, sowie Auftritts- und Handlungsspielraum von Kunstfiguren: Eine Kunstfigur ist nicht nur eine Figur innerhalb einer bestimmten Handlung oder einer Aufführung, sondern eine konstruierte, inszenierte, fiktive Identität, die aus sich heraus agiert. Was bedeutet das für das künstlerische Wirken und Handeln von Kunstfiguren? Und inwiefern spiegeln sich in diesem Spiel mit der Konstruiertheit von Identität aktuelle Identitätskonzepte und Fragen der Identitätszuschreibung? Wie werden beispielsweise Themen der Identitätszuschreibung durch Kunstfiguren verhandelt?
- Neben der Analyse von künstlerischen Gestaltungsprozessen der äußeren Erscheinung der Kunstfiguren soll auch danach gefragt werden, was Körperarbeit und Bühnenbild einer Kunstfigur ausmacht. Die körperbezogenen Praktiken sowie die damit einhergehenden bildtheoretischen Aspekte im Sinne von ‚Szenographien des Selbst’ sind dabei von zentraler Bedeutung.
- Das Verhältnis von Theater, Performance und Wissen bzw. Theater und Performance als Wissensform(en): Wie gelingt es den Darstellenden, durch ihre performative Praxis mit Kunstfiguren Wissen zu generieren? Wie wird die Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Kunst performativ ausgelotet?
- Welche Ansätze und Methoden wissenschaftlicher und künstlerischer Forschung eignen sich, um die Darstellungsform der Kunstfiguren zu erfassen? Wie lassen sich Erkenntnisse über die Möglichkeiten und Grenzen der Gestaltbarkeit von Kunstfiguren gewinnen und Bezüge zu gesellschaftsrelevanten Themen erforschen? Wie kann man der Kohäsion und Differenz zwischen dargestellter Kunstfigur und Darstellenden nachgehen? Wie und warum erschaffen Künstler*innen eine Kunstfigur?
Entsprechend der interdisziplinären Ausrichtung des Forschungsprojektes richtet sich der Call for Papers an Wissenschaftler*innen und praktizierende Künstler*innen aus Theater- und Kunstwissenschaft sowie Performance/Theater/Comedy und künstlerischer Forschung, an Teilnehmende aus Sozialanthropologie/Ethnografie, Soziologie, Medienwissenschaften, Populären Kulturen und Filmwissenschaft sowie verwandten Disziplinen.
Die Präsentationen erfolgen in Form von 20-minütigen Beiträgen mit anschließender Diskussion. Vorschläge für Beiträge (max. 500 Wörter) sowie ein kurzer Lebenslauf (max. 1 Seite) werden bis zum 19. März 2021 erbeten an Dr. Fabiana Senkpiel (fabiana.senkpiel@...). Die Benachrichtigung über die Teilnahme erfolgt bis zum 30. April 2021. Eine Publikation der Beiträge wird angestrebt.
Hinweis Covid-19-Pandemie: Wir hoffen, die Tagung vor Ort durchführen zu können, nach aktuellem Stand lassen sich aber noch keine definitiven Aussagen zur realisierbaren Veranstaltungsform der Tagung machen.
Konzept und Organisation: Fabiana Senkpiel, Sibylle Heim, Mira Kandathil/Maria-Theresia Kandathil, Maria Marshal (Institut Praktiken und Theorien der Künste, Hochschule der Künste Bern