Die aktuelle Kritik

Helios Theater: "Zaki, ein Esel"

Von Sarah Heppekausen

Eine neue internationale Kooperation: Das Helios Theater in Hamm zeigt mit der ägyptischen Künstlerin Isra el Ghazali ein einfaches, faszinierendes Stück Schattentheater.

28. Februar 2024

Ein Kreis aus Sand ist auf die Bühne gestreut. Wir sind in Kairo. Und in Ägyptens Hauptstadt herrscht warmes Wüstenklima. Auf der Sandspur stehen kleine Holz-Miniaturen – Esel, Palmen, Autos, Menschen. Wenn Isra el Ghazali eine Figur oder mehrere auswählt, auf die Regalbank in der Mitte des Kreises stellt und mit einer Lampe anstrahlt, dann werden sie zu Protagonist:innen. Ihre großen Schatten sind mehr als ein bloßes Abbild. Als dunkle Figuren werden sie plötzlich präsent, da zeigen sich Stimmungen und Gefühle.

Isra el Ghazali ist eine Szenografie-Künstlerin aus Ägypten. Beim Hakawy International Arts Festival in Kairo lernte sie Michael Lurse und seine Arbeit mit dem Helios Theater kennen, dem freien Theater für junges Publikum aus Hamm. Das Theater für Kinder hatte es ihr angetan. Seit 2019 standen sie in Kontakt, per Mail und Video-Calls, und entwickelten gemeinsam ein Stück. Mit „Zaki, ein Esel“ kam ihre internationale Kooperation jetzt in Hamm zur Premiere.

Sie erzählen die Geschichte von Zaki, dem Esel, der von einer Farm weggekauft und von seinem neuen Besitzer schlecht behandelt wird. Und sie erzählen eine Geschichte über das Theatermachen. Zu Beginn stellen sie sich gegenseitig vor: sie, Isra el Ghazali, die Erzählerin. Und er, Michael Lurse, der Übersetzer aus dem Englischen ins Deutsche. Sie legen ihre Rolle und ihre technischen Mittel offen. Das Licht, die Leinwand, das Brett, auf dem el Ghazali die Miniaturen bewegt – alles ist sichtbar. Wenn die Peitsche Zaki trifft, dann schlägt el Ghazali mit einem langen Stock auf den Bühnenboden. Und es sind bloß zwei ihrer harmlos gestreckten Finger, die als Schatten zu großen, bedrohlichen Farmbesitzer-Beinen werden. So simpel, so faszinierend.

"Zaki, ein Esel": Isra el Ghazali © Lina Gorzka

El Ghazali und Lurse ergänzen die Schattenbilder mit animierten einfachen Zeichnungen. Da grast der Esel oder schleppt sich über das Feld. Zaki muss schwer schleppen. Wie schwer, das zeigen auch die Comic-Animationen: Da hat Zakis Wagen ein ganzes Auto geladen, eine Partygesellschaft und sogar die Pyramiden. Bei aller Bitterkeit der Geschichte nehmen die zwei Theatermachenden es auch mit Humor. Und erzählen mit reichlich Charme. Es ist eine Freude, Isra el Ghazalis sanfter Stimme zuzuhören. Einmal, wenn Esel Zaki auf der Flucht auf seinem Weg in die Freiheit ist und vor kläffenden, beißenden Hunden, zeternden Menschen und rasenden Autos davonrennen muss, dann übersetzt Lurse nicht. Dann belassen sie es ganz in der Spannung.

Der Hang zur Reduktion ist bezeichnend für die Arbeit im Helios Theater. „Was passiert mit dem Wenigen?“, fragte einmal Barbara Kölling, die das Theater seit 1989 (damals noch in Köln) gemeinsam mit Michael Lurse leitet. Und sie selbst beantwortete die Frage so: „Es lässt die Imagination in Kraft treten.“ „Zaki, ein Esel“ ist ein bestes Beispiel für diese unaufgeregt-anregende Art, Theater zu machen.

Ja, es gibt auch das moralisch-wirkungsvolle Ende im Stück. Wenn zum Schluss erzählt wird, dass es auf der neuen, guten Farm die Esel sind, die kranken Menschen helfen. Dass es die Tiere sind, die wissen, was es bedeutet, Geschwister zu haben. Es ist ein poetisches Märchen, das sie erzählen. Beeindruckender aber ist, wie sie es erzählen.


Helios Theater:Zaki, ein Esel

Spiel und Idee: Isra el Ghazali | Outside Eye: Michael Lurse | Musik: Benjamin Kurz | Licht: Malte Kochanek | Assistenz: Lina Gorzka

Uraufführung: 17. Februar 2024
Für Menschen ab 8 Jahren

In englischer Sprache mit deutscher Übersetzung

Hier geht es zum Stück und weiteren Spielterminen auf der Website des Helios Theaters.

 

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