Die aktuelle Kritik

Puppentheater Magdeburg: "Frieden und Krieg und ich"

Von Klaus-Peter Voigt

Negative Botschaften prägen die aktuelle Zeit. Krieg gehört inzwischen zum Alltag. Doch wie verhält sich das mit dem ewigen Wunsch nach Frieden? Ania Michaelis und ihr Team nehmen sich dieser Frage im Puppentheater Magdeburg kindgerecht an.

16. Februar 2024

Eine Dreiseitenbühne erwartet das Publikum. Die Probenbühne im Magdeburger Puppentheater verzichtet für die Inszenierung auf die klassische Bestuhlung, Christian Sasse hat bei der Gestaltung des Raumes auf Vielfalt und Variabilität gesetzt. Gerade für die Jüngsten, die nah an der Hauptspielfläche mit einer Art Sandkasten in der Mitte auf einfachen Bänken sitzen, entsteht eine größere Nähe zur Handlung. Die mit schwarzen Tüchern verdeckte klassische Bestuhlung wird zudem zu einer zusätzlichen Bühne.

Ein Großteil des Kinderpublikums ist vermutlich in behüteten Verhältnissen aufgewachsen und kennt die Sicherheit des Friedens. Krieg erscheint eher als etwas Abstraktes, geprägt von Fernsehbildern. An diesem Punkt setzen Ania Michaelis und ihr Team, die das Stück entwickelten, ein.

Es geht um die scheinbar einfachen Fragen: Wie ist das mit dem Frieden? Wie ist das eigentlich mit dem Krieg? Diese Mechanismen kindgerecht aufzubereiten, gelingt durch ein phantasievolles Spiel, das von zwei Forschern und einer Forscherin in grauen Overalls initiiert wird. Durch die Wand bringt ein Förderband Richard Barborka, Christian Sengewald (als Gast) und Freda Winter in den Raum. Sie beginnen mit ihren Experimenten, wollen so die Frage nach Frieden und Krieg betrachten.

 „Frieden und Krieg und ich": Christian Sengewald und Freda Winter © Viktoria Kühne 

Das geschieht sehr unkonventionell: Eine große Kugel löst eine Kettenreaktion auf der Spielfläche aus. Dort fallen die aufgebauten Holzkonstruktionen nacheinander in sich zusammen, machen Platz für einen Neuanfang. Schließlich: wenn die Kugel einmal rollt, lässt sie sich nicht mehr aufhalten. Und die drei Forschenden nutzen nun die Chance der für kurze Zeit leeren Bühne, schaffen aus einfachen Holzbausteinen fast so etwas wie ein Paradies. Sehenswert, wie Julia Styrie Bausteine und Puppen, die als Volk, Königin und Tod sowie später als Fabelwesen und Tiere agieren, umgesetzt hat.

Phantasie prägt jede Aktion: Dort gibt es ein Eis zur Begrüßung, Spielplätze, eine Bibliothek mit Kissen und Decken zum Wohlfühlen, dazu ein Schwimmbad und ganz wichtig, Tiere dürfen frei herumlaufen! Doch das erste Problem lässt nicht lange auf sich warten: Was geschieht, wenn plötzlich die regierende Königin stirbt? Jeder aus dem Forschungsteam darf dem nun ins Spiel tretenden Handpuppenvolk seine Lösung anbieten. In allen Versuchen kommt Gevatter Tod, holt sich die regierende Dame. Wie wird die Nachfolge geregelt? Einmal gilt es über eine Wahl im Volk alles zu klären, dann wieder tritt ein Krokodil an die Stelle der Königin und setzt mit einem Gewehr auf Gewalt pur, beseitigt Widersacher. Diesen permanenten Wechsel in die unterschiedlichen Rollen bewältigen Barborka, Sengewald und Winter virtuos, zeigen die vielfältigen Möglichkeiten der Verbindung von Figuren und Materialtheater in bester Art.

„Frieden und Krieg und ich": Puppen von Julia Styrie © Viktoria Kühne

Plötzlich surrt das Förderband erneut, bringt grausame Fabelwesen wie einen Feuervogel ins Spiel. Radikal ändert sich alles, wenn diese um die Vorherrschaft kämpfen, Ordnung nach ihren Vorstellungen schaffen wollen. Autobahnen durch das kleine Paradies zu ziehen, Tiere einzusperren und andere Maßnahmen stehen symbolisch für das, was Krieg sein kann, der ohne Rücksicht auf die Menschen und ihre Gefühle agiert. „Wir hatten uns nicht gewehrt“ steht als Aussage im Raum, bringt das komplizierte Thema auf den Punkt. Für die Forscher und die Forscherin kann das keine Lösung sein. Sie plädieren für Verantwortung und ein menschliches Miteinander, schlüpfen schließlich in fröhlich bunte Glitzerkostüme, wollen wie gute Feen Vertrauen vermitteln. Vertrauen darauf, statt Krieg mit Waffen und purer Gewalt den Frieden zu spielen.

Eindrucksvoll vermittelt die Inszenierung Möglichkeiten, solche schwierigen Gedanken kindgerecht zu bewältigen, will das junge Publikum dazu bringen, nicht nur an sich sondern auch an den Nächsten zu denken. 


Puppentheater Magdeburg:Frieden und Krieg und ich

Regie: Ania Michaelis | Bühne und Kostüme: Christian Sasse | Musik: Richard Barborka | Puppen: Julia Styrie | Dramaturgie: Miriam Locker | Spiel: Richard Barborka, Christian Sengewald, Freda Winter

Uraufführung: 10. Februar 2024
Für Menschen ab 6 Jahren

Hier geht es zum Stück und weiteren Spielterminen auf der Website des Puppentheaters Magdeburg.

 

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