Young Writers

Theaterkritik: LOCO - Ein Atemberaubendes Puppentheaterstück

Von Nazlinur Tepeci

Das Puppentheaterstück LOCO hat viele Zuschauer*innen tief bewegt und ihre Wahrnehmung erweitert. Dennoch konnte es nicht alle Anwesenden gleichermaßen ansprechen. Sowohl die sprachliche Gestaltung als auch die Altersbegrenzung spielten hierbei eine wesentliche Rolle.

Titel: LOCO
Aufführung: Puppentheaterstück
Spielerinnen: Tita Iacobelli und Marta Pereira
Regie: Tita Iacobelli und Natacha Belova
Puppendesign: Loïc Nebreda
 

LOCO hatte eine Altersbegrenzung von 14 Jahren, was dazu führte, dass im Publikum keine Kinder zu sehen waren, auch keine im Alter von 14-16 Jahren. Das Publikum bestand überwiegend aus Erwachsenen. Diese Altersbeschränkung war aus mehreren Gründen gerechtfertigt:

1. Schwierigkeit des Themas:

Das Stück behandelte komplexe und tiefgründige Themen, die für jüngere Kinder schwer verständlich wären.

2. Angstauslösende Elemente:

Die Puppe 'Poprishchin', entworfen und gebaut von Loïc Nebreda, erzeugte ein starkes Gefühl des Unbehagens. Selbst Erwachsene berichteten von einem unangenehmen Gefühl und Angst. Die Puppe schien die Zuschauer*innen ständig zu beobachten, was zu einer intensiven und beunruhigenden Erfahrung führte.

Die Altersbeschränkung schützte jüngere Zuschauer*innen vor diesen potenziell traumatisierenden Eindrücken. Kinder unter 14 Jahren hätten die Themen nicht nur schwer verstehen können, sondern möglicherweise auch Albträume bekommen. Die Fähigkeit, Realität und Puppe zu unterscheiden, sowie die Lebenserfahrung im Arbeitsleben waren für das Verständnis und den Genuss des Stücks entscheidend.

Die Aufführung von LOCO fand in Französisch mit englischen Übertiteln statt. Diese Sprachwahl hatte folgende Auswirkungen:

1. Internationale Zugänglichkeit:

Die englischen Übertitel ermöglichten es internationalen Zuschauer*innen, die Handlung zu verfolgen. Dies war ein inklusiver Schritt, der jedoch nicht ohne Herausforderungen blieb.

2. Herausforderung für deutschsprachige Zuschauer*innen:

Viele deutschsprachige Zuschauer*innen hatten nicht ausreichende Englischkenntnisse, um den Übertiteln problemlos folgen zu können. Dies führte dazu, dass sie sich mehr auf die Übertitel konzentrieren mussten, was den Genuss der Handlung beeinträchtigte. Auch diejenigen, die Englisch verstanden, aber kein Französisch sprachen, fanden es schwierig, den vollen Inhalt und die Nuancen der Aufführung zu erfassen.

Die sprachliche Barriere führte dazu, dass die Zuschauer*innen zwischen dem Verfolgen der Übertitel und der Handlung auf der Bühne hin- und hergerissen waren. Dieser Umstand ließ das Gefühl aufkommen, gewisse Kernaspekte zu verpassen und nicht das vollständige Erlebnis genießen zu können.

Interessanterweise trug die Verwendung der französischen Sprache zur Gesamtwirkung des Stücks bei:

1. Verstärkung von Angst und Unbehagen:

Die fremde Sprache intensivierte das Gefühl der Angst und des Unbehagens bei den Zuschauer*innen. Die Unverständlichkeit der Sprache erzeugte ein zusätzliches Gefühl der Unwissenheit und Verunsicherung.

2. Schaffung einer mysteriösen Atmosphäre:

Die Unbekanntheit und die psychologischen Spiele, die Poprishchin durchlief, schufen ein Gefühl von Spannung und Mysterium, das durch die fremde Sprache noch verstärkt wurde.

Trotz der Alters- und Sprachbarrieren, die gewisse Komplikationen mit sich brachten, war LOCO eine außergewöhnliche Aufführung, die das Publikum tief beeindruckte. Die perfekte Inszenierung, die emotionale Intensität und die beängstigende Präsenz der Puppe führten dazu, dass die Zuschauer*innen minutenlangen Applaus spendeten. Die professionelle Umsetzung und die eindrucksvolle Performance der Schauspielerinnen machten LOCO zu einem unvergesslichen Erlebnis im Puppentheater.

LOCO zeigt, wie kraftvoll und bewegend Puppentheater sein kann, auch wenn es aufgrund sprachlicher und inhaltlicher Herausforderungen nicht für alle Zuschauer*innen gleichermaßen zugänglich ist. Es bleibt ein Meisterwerk, das die Grenzen des Theaters auslotet und das Publikum auf eine tief emotionale und intellektuelle Reise mitnimmt.

 

Foto: Théatre National Wallonie-Bruxelles

0 Kommentare

Neuer Kommentar