Die aktuelle Kritik

Theater Kuckucksheim: "Tanz der Tiere"

Von Andreas Thamm

Ein Trabbi steht im Wald, damit muss man was machen: Eichi, Fuchsi und Co. haben einige Ideen – doch auch der Wolf mischt heimlich mit.

31. Oktober 2024

Das ist natürlich ein Hingucker: Auf der kleinen Bühne in dieser, vor gut 25 Jahren umgebauten Scheune im minikleinen Dorf Heppstädt in Mittelfranken steht ein Trabant. Im Hintergrund leuchtet bläulich, die Parallele wird später noch aufgegriffen werden, der andere Trabant aka Mond. Und während eine generische Naturdoku-Stimme zu epischen Instrumental-Klängen vom ewigen Wandel in der Fauna erzählt, lassen die Theater-Kuckucksheim-Brüder Benjamin und Nando Seeberger zwei kleine, zwitschernde Vögelchen durch dieses Waldbild mit Trabbi flattern.

Wenn man diesen Einstieg in die Eigenproduktion des Theaters Kuckucksheim für fast irritierend kitschig hält, hat man die Rechnung ohne Eichi, das freche Eichhörnchen gemacht, das der Dokustimme, sobald es um ihn und seine Artgenossen geht, energisch dazwischengrätscht: „Immer dieses Schubladendenken! Ich mag überhaupt keine Nüsse!“

Das revolutionär veranlagte Nagetier mit Punkrock-Ambitionen und sein Kumpel Fuchsi, der harmoniebedürftige, na ja, Überraschung, Fuchs, sind die ersten beiden Puppen-Charaktere, die den Kindern vorgestellt werden. Und natürlich hat vor allem dieses vorlaute Eichhörnchen die Lacher auf seiner Seite, wenn es die Doku-Stimme aus dem Off mit einem beherzten „Geh in die Kantine!“ zum Schweigen bringt. Der Spruch hat Schulhof-Potential.

"Tanz der Tiere": Benjamin Seeberger, Nando Seeberger © Frederik Seeberger

Nun ist vor allem eine Frage zu klären: Was macht das Auto in unserem Wald und was ist das überhaupt für ein Auto? Antworten, inklusive sämtlicher technischer Daten zum Trabbi, haben der streberhafte Hase und auch der bodenständige Waschbär im breiten Dialekt. Der ist nämlich „grenznah aufgwachsn“, in Oberfranken also.

Nando und Benjamin Seeberger, Söhne des Kuckucksheim-Gründers Stefan Kügel, haben nun je zwei Puppen zu steuern und vor allem zu sprechen und diese Sprechweisen der Tiere auszudifferenzieren. Das gelingt ihnen nicht nur mittels Tonhöhe, sondern auch im Duktus ganz hervorragend. Der polternde Dialekt-Waschbär, das finden die Kinder komisch und erinnert die Eltern an den kauzigen Nachbarn oder vielleicht den eigenen Vater.

Der „Drabbi“ da im Wald wirft aber, andeutungsweise, auch tiefergehende, größere Fragen auf: Muss sich die Tierwelt dieser Veränderung nun anpassen? Am Ende ist Tanz der Tiere aber weniger, wie zunächst erwartet, ein ökologisch motiviertes Stück, als eines über Vorurteile und das Zusammenleben im Wald bzw. der Gesellschaft. In der Nacht nämlich taucht der Wolf auf, heulend versteht sich, der nicht mit den anderen darüber berät, was nun zu tun sei. Der Wolf hat nur einen Freund, Manni, den Mann im Mond, ein kleines Püppchen am Stab.

"Tanz der Tiere": Benjamin Seeberger, Nando Seeberger © Frederik Seeberger

Der Wolf ist aber gar nicht böse, er hat dem Trabbi heimlich eine fette Anlage eingebaut, damit der Plan der Tiere, aus dem Auto eine Disko zu machen, ein voller Erfolg wird. Das ist nämlich das Konsensvorhaben, nachdem u.a. der Waschbär mit seiner Idee einer Bühne für politisches Kabarett gescheitert war. Ein paar Witze darf er trotzdem reißen: „Was freut sich und stinkt? – Das Gefurztagskind.“ Pups-Witze gehen immer. Klar ist aber auch, wenn die Tiere hier ein Musikfestival veranstalten, dann doch bitte ohne den Wolf, der immer so böse kuckt und eben auch nicht gut riecht. Und klar ist natürlich auch: Am Ende raufen alle und raufen sich auch zusammen.

"Tanz der Tiere" für Kinder ab fünf Jahren ist zuvorderst ein ästhetischer Genuss: Die enge, vom Mond in wechselnden Farben beschienene Bühne, der Trabbi, dessen Motorhaube schonmal rauchend aufspringt, und der sich am Ende in eine bunt leuchtende Disko verwandelt, das macht schon etwas her. Und auch die Anlage einer Tierwelt, deren Bewohner teilweise auch mit ihren spielenden Menschen interagieren, ist gewitzt. Beim Schreiben hat man, so scheint es am Anfang, die Erwachsenen nicht vergessen, die auch den ein oder anderen Gag kriegen. Leider verschiebt sich das Gewicht mit Dauer des Längen entwickelnden Stücks immer mehr zu Gunsten dieser Pointen, die das kleine Publikum nicht mehr erreichen. Bis es am Ende ganz entscheidend um Fallen oder eben Bassfallen geht, wo dann auch beim durchaus erwachsenen Rezensenten Verständnislücken klaffen. Insgesamt hätten dem "Tanz der Tiere" einige Kürzungen durchaus gut getan und so wäre es vielleicht auch gelungen, auch noch Momente der Rührung zu setzen. Das versöhnliche Ende versumpft stattdessen leider.


Theater Kuckucksheim: „Tanz der Tiere

Spiel Benjamin Seebegerer, Nando Seeberger | Regie Daniel Wagner | Künstlerische Mitarbeit Anna Wagner-Fregin | Puppen Dorothee Löffler | Figur Manni Marie Wagner | Bühne Benjamin Seeberger, Nando Seeberger, Frederik Seeberger, Stefan Kügel

Premiere: 25. Oktober 2024
Alter: ab 5 Jahren

Infos und Termine auf der Website vom Theater Kuckucksheim