Young Writers

DING. - eine stille Inszenierung mit riesiger Geräuschkulisse

Von Sara Szarota

In einem dunklen Raum versammelt, sitzen Menschen aus den unterschiedlichsten Altersgruppen und blicken auf die Gold-geschmückte Bühne. Karoline Hoffmann mittendrin - wortwörtlich im goldenen DING.

Bereits vor dem eigentlichen Eintritt kommt (Vor)Freude auf. Denn ganz gleich, wohin der Blick fällt, man ist umgeben von leuchtenden Kinderaugen. Und bereits vor der Aufführung, verteilen die Kleinsten das Gold, das schon sehr bald auf der Bühne zu sehen sein wird, mit jedem Blick im Raum.

Diese Vorfreude ist bei allen Anwesenden spürbar, als wäre sie etwas, das man berühren könnte, und es wird deutlich, dass die folgenden 35 Minuten versprechen, etwas ganz Besonderes zu werden. Eine geteilte Erfahrung unter Fremden.

Das Publikum ist einladend vielseitig und keine Altersgruppe sticht in ihrer Anzahl besonders heraus. Abseits der eigenen Erwartungen an DING., ist der Zuschauer*innen-Erfahrung nun ein weiterer Aspekt beigemischt: die Kuriosität über die restlichen Zuschauenden. Ist es überhaupt möglich, eine Inszenierung zu schaffen, die ein so breitgefächertes Publikum bedient? Welches Ziel verfolgt jede*r Zuschauende mit seiner*ihrer Anwesenheit? Welches Ziel verfolge ich selbst?

Jegliche Gedanken halten an, denn ein Scheinwerfer nach dem anderen erlischt und die Aufregung nimmt den inzwischen beinahe schwarzen Raum ein.

Karoline Hoffmann tritt ein, in einem schlichten Overall, der sich farblich kaum vom dunklen Bühnenbild abhebt. Barfuß bewegt sie sich auf den Zuschauerraum zu und eröffnet DING. mit einem Griff in die Hosentasche. Der erste Funken Gold von vielen wird offenbart und das Ziel schnell deutlich: die knisternde Goldfolie in das (zunächst) einzige Requisit auf der Bühne zu befördern - den Metalleimer, der sich mitten auf dem Bühnenboden befindet. Und zwar auf jede mögliche Weise, sei es pusten, wehen, anföhnen. Dem gleichen Prinzip unterliegen die darauffolgenden Folienschnipsel, die in ihrer Menge jedoch plötzlich Überhand gewinnen und sich nicht mehr bändigen lassen. Ein goldenes Chaos bricht auf der Bühne aus und umgibt die animierte Darstellerin, die wortlos mit dem Publikum interagiert.

Worte finden in DING. beinahe keinen Gebrauch und auch die temporäre musikalische Einspielung ist beruhigend und eher im Hintergrund wahrzunehmen. Und doch werden die gesamten 35 Minuten von einer Geräuschkulisse begleitet, die nach dieser Erfahrung nicht von Karoline Hoffmanns Werk wegzudenken ist. Denn von Anfang bis Ende wird Hoffmann als alleinige Person auf der Bühne unterstützt, und zwar von den Kindern, die im Publikumsraum verteilt sind. Ein Kichern hier, ein lautes Lachen dort drüben und von allen Seiten Kommentare in Kinderstimmen! Das Spektakel gleicht einem Orchester, denn es fühlt sich an, als seien die Inszenierung und der Kinderchor perfekt aufeinander eingestimmt.

In einem unerwarteten Lichtspiel fasziniert Hoffmann, während sie Platz im größten goldenen „Ding“ findet und allen Anwesenden mitteilt, dass etwas nicht gleich verschwindet, bloß, weil es aus dem Blick gerät. Wie ihr das gelingt, kann diesen Juni noch in Braunschweig im Theater Fadenschein selbst erlebt werden!

In meiner persönlichen Erfahrung lag die Hoffnung an DING. dabei, endlich wieder ein Erlebnis mit meinen eigenen Kinderaugen einfangen zu können. Stattdessen durfte ich die Inszenierung mit den Augen aller Kinder um mich herum wahrnehmen und somit eine einzigartige und bereichernde Erfahrung mit nach Hause nehmen, die ich so schnell nicht vergessen werde.

 

Foto Nasser Hashemi

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