FIDENA Stückepreis vergeben
Am Sonntag, den 4. Mai endete der 42. Heidelberger Stückemarkt mit der Verleihung der insgesamt sieben Preise des Wettbewerbs. Erstmalig wurde dabei der FIDENA Stückepreis vergeben, der aus einer Kooperation des Heidelberger Stückemarkts mit dem Deutschen Forum für Figurentheater und Puppenspielkunst (dfp) sowie dem Musiktheater im Revier Gelsenkirchen (MiR) entstanden ist. Der neue Preis, der die Verbindung zwischen zeitgenössischer Dramatik und Figurentheater stärken soll, geht an Svealena Kutschke für ihren Text "Fußnoten aus dem späten 21. Jahrhundert". Die Auszeichnung ist mit einer Ur- oder Zweitaufführung in der Puppenspielsparte des MiR verbunden und mit 5.000 Euro dotiert. Das Stück erzählt von einem Großraumbüro in der Zukunft, in dem trotz der verheerenden Auswirkungen der Klimakatastrophe scheinbar unbeeindruckt weitergearbeitet und verwaltet wird.
Die Jury aus Lea Goebel, Dramaturgin, Thomas Köck, Autor, Jürgen Popig, Dramaturg und Künstlerischer Leiter des Stückemarkts, Bernadette Sonnenbichler, Regisseurin und designierte Intendantin des Theaters und Orchesters Heidelberg und Vanessa Vu, Journalistin sowie Gloria Iberl-Thieme, Leiterin der Puppenspielsparte am MiR, die für diesen Preis die Jury verstärkte, begründet ihre Entscheidung wie folgt:
"Wir haben ein Stück ausgewählt, das uns nicht nur inhaltlich, sprachlich und in seinen starken Bildern begeistert, sondern von dem wir denken, dass eine Umsetzung mit den Mitteln des Puppen- und Objekttheaters dem Text eine besondere Ebene verleihen kann. [...] Dieser kluge, wache und scharfsinnige Text hat uns zum Lachen gebracht über Dinge, die zu bedrohlich, zu monströs und zu traurig sind, um darüber zu weinen." (Vollständige Jurybegründung und Laudatio)
In seiner Laudatio erklärte Christofer Schmidt, Dramaturg und designierter künstlerischer Leiter des dfp, Hintergründe zur Entstehung des Preises:
"Wir wollen das große Potenzial erforschen, das in der Verbindung von Neuer Dramatik und Figurentheater liegt. Neue Dramatik, das haben wir in den Lesungen erlebt, verhandelt die wichtigen Themen unserer Gegenwart: Sie findet Worte für das, was oft ungesagt bleibt oder schwer zu fassen ist. Sie experimentiert mit Form und Sprache und schafft dadurch immer neue Weisen, unser Miteinander und In-der-Welt-Sein zu denken. Eine solche Ausdrucks- und Formenvielfalt geht auch vom Figurentheater aus, das sich im Spiel mit Puppen, Objekten, Masken, Schatten oder digitalen Avataren immer wieder neu erfindet und die Komplexität der Welt vor allem auf visueller Ebene in Szene setzt."
Da der FIDENA Stückepreis darüber hinaus vom dfp initiiert wurde, um sich mit der Auslobung bei Annette Dabs für ihr langjähriges Engagement zu bedanken, richtete Schmidt auch persönliche Worte an Dabs:
"Du hast dir schon lange eine Verbindung von Figurentheater und Neuer Dramatik gewünscht und dieses Jahr, in dem du nach 27 Jahren als Leiterin des Deutschen Forums für Figurentheater in den Ruhestand gehen wirst, wird diese Verbindung Realität. Liebe Annette, im Namen des Teams, unseres Vorstandes, unserer Mitglieder und unseres Freundeskreises – ohne die der Preis nicht möglich gewesen wäre –, möchte ich mich ganz herzlich bei dir bedanken für die gemeinsame Zeit, deine inspirierende Art, die aufmerksame und wertschätzende Zusammenarbeit."
Neben der neuen Auszeichnung wurden sechs weitere Preise verliehen. Der mit 10.000 Euro dotierte Autor*innenpreis, der SWR Kultur Hörspielpreis (5.000 € + Hörspielproduktion des ausgezeichneten Stücks beim SWR) sowie der Publikumspreis (2.500€) gehen an Yannic Han Biao Federer mit seinem Stück "Asiawochen". Die Autorin Han Jing aus dem Gastland China erhält den mit 5.000 Euro dotierten Internationale Autor*innenpreis für ihren Text "Vierundzwanzig Stunden vor Neujahr werden wir des Lebens müde". Den Jugendstückepreis (6.000€) gewinnt das Gastspiel des Theaters Konstanz, "Nice" von Kristo Šagor, in der Regie von Sergej Gößner. Den undotierten Nachspielpreis, der mit einer Gastspieleinladung zu den Autor*innentheatertagen am Deutschen Theater Berlin verbunden ist, erhält das Stück "Gelbes Gold" von Fabienne Dür in der Inszenierung von Malin Lamparter am Stadttheater Gießen.
Die Aufzeichnung der Lesung von "Fußnoten aus dem späten 21. Jahrhundert" ist auf Vimeo noch ansehbar (ab 3:14:10).
Weitere Infos gibt es auf der Website vom Theater und Orchester Heidelberg.
Im Festivalmagazin von nachtkritik.de findet sich umfassende Berichterstattung über die nominierten Stücke, aber auch die Inszenierungen im Programm, sowie Interviews, Essays, Kritiken, Diskussionsformate und ein Videoblog.
Titelfoto: Christofer Schmidt (Dramaturg dfp), Svealena Kutschke (Autorin, Preisträgerin) und Holger Schultze (Intendant Theater und Orchester Heidelberg) © Susanne Reichard