Neue Diskurse

Aufbruchstimmung

03. März 2020

Gemeinsam auf dem Weg zum Masterplan

von Annette Dabs

Es tut sich was im Figurentheater: Stadttheater, Festivals und Opernhäuser haben die Faszination für das Figurentheater entdeckt, engagieren Puppenspieler*innen und gründen sogar neue Sparten. Die Zentrale Arbeitsvermittlung (ZAV) berichtet von einem regelrechten Run auf die Absolvent*innen der Puppenspielkunst. Die Einrichtung eines Sonderprogramms des Fonds Darstellende Künste für die freie Figurentheaterszene zeugt ebenfalls von einem geänderten Verständnis der Möglichkeiten unseres Genres. Mal geht es um die bereits jahrzehntelange Beschäftigung des Figurentheaters mit den digitalen und mechanischen Stellvertreter*innen des Menschen, mal um das Puppenspiel für eine kulturelle Grundversorgung in ländlichen Gebieten, mal um seine verbindende Kraft als barrierefreies Medium für Publikum mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen oder Gehörlose oder um das Potential der Puppe in therapeutischen Zusammenhängen – überall tut sich was und auch die Wissenschaft und Forschung beginnt langsam die Notwendigkeit der Beschäftigung mit dem Figurentheater im universitären Kontext zu spüren.


Und dann ist da – last but not least – noch das schier unerschöpfliche Potential des Figurentheaters als Kunstform. Diese immer wieder überraschende Vielfalt des Spiels um belebt und unbelebt, die über jede menschliche Erfahrung hinausgehenden Möglichkeiten der Puppe und die hohe Empathie-Leistung der Zuschauenden sind einzigartig. Hinzu kommt die Kreativität der Künstler*innen dieser Theaterkunst, die oft schon Jahre vor der Entdeckung durch die etablierten Theater neue Formate und Dramaturgien entwickelten.

Die Zeit ist also reif. Reif für eine Potentialanalyse zum deutschen Figurentheater und schließlich – fußend auf eine solche Studie – für einen Masterplan Figurentheater. Initiiert vom Deutschen Forum für Figurentheater (dfp) in Bochum, trafen sich die Vertreter*innen der drei bundesweit aktiven Organisationen des Figurentheaters – UNIMA, VDP und dfp – zu gemeinsamen Arbeitsrunden in Northeim, Hamburg und zuletzt in Bad Liebenwerda zur konstituierenden Sitzung der Steuerungsgruppe, der jeweils drei Vertreter*innen der Organisationen angehören.

Diskutiert wurde die „Projektskizze zu einem nationalen Entwicklungsplan für die Kunst des Figuren-, Puppen- und Objekttheaters“, die vom dfp, damals noch unter dem Vorsitz von Gerd Taube, entworfen wurde. Ziel ist die Stärkung der Szene auf struktureller und künstlerischer Ebene und die Verankerung der eigenständigen Kunstform im kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Diskurs. Es geht um größere Sichtbarkeit und differenziertere Wahrnehmung der Theaterform sowie um Netzwerke, Bündelungen, Synergieeffekte, wissenschaftliche Auseinandersetzung, kulturelle Vermittlung, internationales Marketing, Aus- und Fortbildung, Nachwuchsförderung, Transmission, Fördermittelvergabe und Produktionsbedingungen. Und es wird um Visionen und Ideen gehen. Darum, wie wir das Figurentheater der Zukunft und seine Szene positionieren und unsere Arbeit darauf ausrichten wollen.

Allen Beteiligten, die jeweils in ihren Bereichen in der Vergangenheit Vieles bewegt haben, ist bewusst, dass hier ein großes Projekt angeschoben wird, das nur gemeinsam zu realisieren ist und mit gründlichem Vorgehen große Wirkung entfalten kann. Zur Vorbereitung der Potentialanalyse, mit der eine Universität beauftragt werden soll, wird es ab Herbst 2020 Workshops zu vier Kernbereichen geben. Vorschläge für erfahrene, engagierte Teilnehmer*innen sind willkommen und erwünscht . Die genauen Aufgaben, Themen und Termine der vier AGs werden im August auf der nächsten Sitzung der Steuerungsgruppe festgelegt. Wir halten euch auf dem Laufenden, wollen den Weg so transparent wie möglich halten und hoffen auf eure Anregungen und aktive Mitgestaltung!