Young Writers

Bittersüßer Kakao

Von Dio Airich

Das KMZ Kollektiv spricht mit dem Stück Kakao mit Zucker alle Sinne an: Sei es durch catchy Musik, eindrucksvolle Live-Projektionen, den einladenden Geruch von Kakao (obwohl der Geschmack der Bohnen dann doch etwas bitter ist) oder das wundervoll weiche Gefühl von Kakaopulver in den Händen, der Kakao und seine Geschichte bleiben im Kopf.

Kakao mit Zucker ist eine kleine Reise in die Geschichte der Schokolade, hierfür nutzt das KMZ Kollektiv die Turbinenhalle, um Zuschauer*innen Kolonialgeschichte anhand des Beispiels des Kakaos näherzubringen.

Begonnen wird mit Geschichten aus der Kindheit der Darsteller*innen: Antonio Cerezo, Daniela del Pomar und Yahima Piedra Córdova erzählen von der Rolle, die Schokolade für sie als Kinder spielte und wie sie überhaupt erst an die Süßigkeit kamen. Hier wird das erste Mal das Thema der Kinderarbeit angesprochen, auch wenn sie in diesen Fällen vergleichsweise harmlos ist: Da gibt es die Kinderdarstellerin in der Werbung, die Hilfskraft im Haushalt für die eigene Großmutter oder man teilt Bestellmagazine aus – alles, um sich am Ende des Tages eine Tafel Schokolade verdient zu haben.

Weiter geht es mit einer kleinen Einheit Geschichtsunterricht: Hier erfährt man, wer den Kakao entdeckte, wie er nach Europa kam und wie er zu der Schokolade wurde, die wir heute lieben. Die von Yahima Piedra Córdova live eingespielte Musik unterstützt die bedrückte Stimmung im Raum, als die Ausbeutung der Menschen und Ressourcen Lateinamerikas durch europäische Kolonialmächte erklärt wird. Je mehr der Adel Europas sich in die Schokolade verliebte, desto schlimmer wurden die Zustände in Lateinamerika – mit Sklavenarbeit und Gewalt gelangt Europa an den beliebten Kakao. „Das war damals und wie ist es jetzt? Bestimmt besser, oder?“, wird dann gefragt. Besser ist es heute nicht, aber anders: Heute wird der Kakao größtenteils aus Ghana und der Elfenbeinküste importiert und auf den Plantagen arbeiten Kinder. Auch nach der Unterzeichnung des Harkin-Engel-Protokolls steigt die Kindersklaverei im Kakaoanbau weiter an, auch wenn Schokoladenhersteller dies nicht zugeben wollen.

Die Darsteller*innen beenden ihr Stück mit einem Blick in eine bessere Welt: Wie sähe eine gerechte, vielleicht sogar perfekte Kakao-Plantage aus? Wer würde dort arbeiten? Wer würde von ihr profitieren? Wem gehörte dieser Kakao? Und wie würde dieser konsumiert werden? Ein Fluss aus Kakaopulver stellt die Erde der Plantage dar und Zuschauer*innen können diese durch das Klopfen und Wühlen im Kakao „aufwecken.“

Auch nach dem Händewaschen bleibt der Geruch des Kakaos weiterhin auf der Haut und mit ihm der Gedanke an seinen Ursprung, seinen Weg nach Deutschland und die Zustände, unter denen er in unsere Hände gelangte.

Kakao mit Zucker ist so bittersüß wie die Kakaobohne selbst und für ein Publikum ab acht Jahren sowohl unterhaltsam als auch bildend. Das KMZ Kollektiv regt zum Nachdenken an und Zuschauer*innen verlassen das Stück mit einem Ohrwurm und Achtsamkeit für unseren Schokoladenkonsum.

Foto: Jörg Gröger

1 Kommentar
Philipp Ballancier
10.05.2024

Leider nicht gesehen aber so ähnlich habe ich es mir vorgestellt

Danke für den Bericht

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