Summer '69: Ein humorvolles und einzigartiges Puppentheaterstück
Die Inszenierung und das Setting
Das Puppentheaterstück Summer '69 entfaltet sich an einem idyllischen Nachmittag auf einer Weide, wobei die Handlung sowohl in einem realen als auch in einem Miniaturformat stattfindet. Jean Dekonick, gespielt von Alain Moreau, tritt sowohl als Puppe als auch als Puppenspieler auf und spielt sich selbst in einem Miniaturformat, das auf eine Leinwand projiziert wird. Diese Inszenierung schafft eine Metaebene, in der Dekonick in seinem Büro oder Wohnzimmer agiert und direkten Kontakt zum Publikum hält. Dies wurde besonders deutlich, als sein Projektor nicht anging, weil das Gerät nicht eingestöpselt war und er ironisch zum Publikum schaute.
Die drei Hauptansichtspunkte des Stücks wechseln phasenweise: Eine Weide mit einer wandernden Kuh, eine Straße, auf der ein blaues Auto entlangfährt, und eine weitere Weide mit einer rot-weiß karierten Picknickdecke. Diese projizierten Szenen bieten den Zuschauer*innen verschiedene Perspektiven und lassen sie vollständig in Dekonicks fantasievolle Welt eintauchen. Die Kuh, die zunächst alleine auf der Weide zu sehen ist, wirkt wie ein eigenständiger Charakter, der dem Stück eine zusätzliche humorvolle Note verleiht.
Die Handlung
Zu Beginn des Stücks sieht das Publikum nur die Kuh, was zunächst keine klaren Hinweise auf die Richtung der Handlung gibt. Jean Dekonicks Miniaturversion und seine Partnerin planen ein Picknick, was sich bald als wesentlich mehr entpuppt, als es zunächst scheint. Der Wechsel der Kamerawinkel zwischen der Kuh, Jean und der Weide vermittelt das Gefühl, dass alle szenischen Elemente, einschließlich der Kuh, integrale Bestandteile von Dekonicks kleiner Fantasiewelt sind.
Als die Kuh sich langsam der Picknickdecke nähert, während Jean und seine Partnerin es sich darauf gemütlich machen, wird das Date humorvoll unterbrochen. Die Kuh versucht, die Decke anzuknabbern und ruiniert dadurch die romantische Atmosphäre, was für erste Lacher im Publikum sorgt. Diese Interaktion zwischen den Puppen und der realen Welt schafft eine besondere Dynamik, die das Publikum immer wieder überrascht.
Die Inszenierung nimmt eine unerwartete Wendung, als ein Windstoß das Kleid der Miniatur-Partnerin wegweht. Zunächst wird die Szene durch einen Sonnenschirm verdeckt, was das Publikum in die Irre führt und glauben lässt, dass keine expliziten Szenen gezeigt werden. Doch als der Sonnenschirm entfernt wird, erscheinen Jean und die andere Figur nackt, und Jeans Erektion wird humorvoll und explizit dargestellt. Diese plötzliche Enthüllung sorgt für schockiertes Lachen und überrascht das Publikum erneut.
Humor und Erotik
Der humorvolle Umgang mit erotischen Themen ist selten im Puppentheater, was Summer '69 zu einer erfrischenden Abwechslung macht. Die Miniaturversion von Jean wirkt sichtlich zufrieden, als seine Erektion mit dem Fuß der Partnerin behandelt wird. Diese Szene sorgt für Gelächter im Publikum und schafft eine lockere und angenehme Atmosphäre. Die Mischung aus Unschuld und Frechheit in diesen Szenen ist meisterhaft und zeigt die hohe Kunstfertigkeit der Inszenierung.
Die Handlung wird durch eine zweiminütige Slideshow fortgesetzt, die die Miniaturversionen von Jean und seiner Partnerin in verschiedenen sexuellen Positionen zeigt. Diese Bilderserie, die oft die gleichen Positionen aus verschiedenen Winkeln wiederholt, verstärkt den humorvollen und erotischen Charakter des Stücks. Das Publikum reagiert mit herzhaftem Lachen und genießt die lockere Stimmung. Diese Slideshow dient nicht nur zur Belustigung, sondern auch als ironischer Kommentar zu wiederholten und stereotypen Darstellungen von Erotik in den Medien.
Publikum und Rezeption
Summer '69 ist ab 16 Jahren freigegeben und spricht damit speziell ein erwachsenes Publikum an. Die kreative Inszenierung und die humorvolle Darstellung erotischer Themen sorgen für Überraschung und Freude. Die klare und prägnante Inszenierung von Dekonicks Fantasien wird vom Publikum geschätzt und bietet eine willkommene Ablenkung vom stressigen Alltag.
Die unmittelbare Reaktion des Publikums, das Lachen und die lockere Stimmung zeigen, dass das Stück seine beabsichtigte Wirkung erreicht hat. Die Zuschauer*innen werden nicht nur unterhalten, sondern auch dazu angeregt, über die Art und Weise nachzudenken, wie Erotik und Humor im Theater dargestellt werden können. Die direkte Interaktion zwischen Jean Dekonick und dem Publikum, insbesondere in Momenten, in denen technische Probleme auftreten, verstärkt das Gefühl der Gemeinschaft und des gemeinsamen Erlebens.
Fazit
Summer '69 ist ein außergewöhnliches Puppentheaterstück, das durch seine innovative Darstellungsweise und humorvoll-erotische Themen besticht. Die Kombination aus Jean Dekonicks Miniaturversion und der direkten Interaktion mit dem Publikum schafft eine einzigartige Theatererfahrung. Das Stück zeigt, wie Puppentheater über traditionelle Grenzen hinausgehen und neue, kreative Wege finden kann, um Themen wie Humor und Erotik auf unterhaltsame Weise zu behandeln. Summer '69 bleibt ein unvergessliches Erlebnis, das das Publikum lachend und entspannt zurücklässt.
Die meisterhafte Puppenführung, die geschickt eingesetzte Projektionstechnik und die unkonventionelle Herangehensweise an erotische Themen machen Summer '69 zu einem Höhepunkt des modernen Puppentheaters. Es ist ein Beweis dafür, dass auch in einem oft als traditionell und konservativ angesehenen Genre wie dem Puppentheater Innovation und Humor eine große Rolle spielen können. Die Aufführung bietet nicht nur Unterhaltung, sondern regt auch zum Nachdenken an und eröffnet neue Perspektiven auf die Darstellung menschlicher Beziehungen und Fantasien.
Foto: My-Linh Bui