Fritz-Wortelmann-Preis

Fritz Wortelmann - Ein Leben für das Figurentheater

13. März 1902
Fritz Wortelmann wird in Werne (dem heutigen Stadtteil von Bochum) als Sohn eines wohlhabenden Bergwerksunternehmers geboren.

1921
Schon als Schüler des Langendreerer Realgymnasiums gründet Wortelmann mit anderen Schülern die "Allgemeine Volksbildungsstätte Feierabend". Sie organisiert Dichterlesungen, Musikabende und Vorträge. Im gleichen Jahr gibt der Primaner die Sammlung "Alte Landsknechtschwänke" heraus.

1922
Beginn des theaterwissenschaftlichen Studiums in München. Wechsel nach Bonn und später Köln, wo er Wortelmann Dramaturgie und Regie bei Carl Niessen studiert.

1923
Fritz Wortelmann baut auf Anregung Carl Niessens ein Handpuppentheater und führt alte Puppenspiele, literarische und moderne Dramen auf. Beitritt zum 1920 gegründeten "Verein zur Förderung deutscher Theaterkultur, Abteilung Puppentheater". Neben Aufführungen an der Kölner Universität unternimmt er auch eine Gastspielreise durch das Ruhrgebiet.

1924
Durch eine pädagogische Ausrichtung seines Theater und das Knüpfen von Kontakten zu offiziellen Vertretern von Schulen und Bildungsträgern kann  Fritz Wortelmann mit seiner Handpuppenbühne 150 Auftritte in ganz Deutschland verzeichnen (Schulauftritte waren damals eine zentrale Einnahmequelle für Puppenspieler).

1924
Gründung der Kulturzeitschrift "Der Schacht" als Verbandsorgan für die Bochumer Feierabendgemeinden.

1924 – 1928
Nach Abschluss des Studiums der Theaterwissenschaften arbeitet Wortelmann als Dramaturg am Stadttheater Bochum/Duisburg. 1921 wurden beide Theater zusammengelegt – Bochum behielt das Schauspiel, Duisburg bekam ein Opernhaus.

1925
Neben seiner Tätigkeit als Dramaturg am Schauspielhaus Bochum arbeitet Wortelmann an der Brockhaus Enzyklopädie für das Fachgebiet Figurentheater mit.

1928
Gründung des "Westdeutschen Vortragsamts" mit Landrat Dr. Zuhorn und Stadtrat Wilhelm Stumpf, Wortelmann wird hauptamtlicher Geschäftsführer.

1929
Fritz Wortelmann übernimmt den Schacht-Verlag in eigener Regie.

1930
Wortelmann ist Herausgeber der ersten Ausgabe der auf Kunstdruckpapier gedruckten Zeitschrift "Der Puppenspieler", die als Verbandsorgan des "Deutschen Bundes für Puppenspiele" fungiert. Er treibt damit die Professionalisierung des Puppenspiels voran. Nach Gründung der UNIMA (Union Internationale de la Marionnette) 1929 in Prag gab es in der deutschen Puppenspiel-Szene Bestrebungen, "Berufsspieler" gegen Laien- und Jahrmarktspieler abzugrenzen und zur Aufwertung der Kunstform beizutragen.

1932
Zusammenlegung der Zeitschriften "Der Puppenspieler" und "Das Puppentheater". Wortelmann bleibt Herausgeber und Schriftleiter des "Puppenspielers".

1933
Der "Deutsche Bund für Puppenspiele" wird im Zuge der Gleichschaltung dem "Kampbund für deutsche Kultur" der Nazis angeschlossen. "Der Puppenspieler" als Verbandszeitschrift wird verboten. Wortelmanns organisatorischer Einsatz für das Puppenspiel ist nicht länger erwünscht, seine Verlagstätigkeit bleibt jedoch zunächst unangetastet.

1938
Nach dem Erfolg mit der Funkzeitschrift "Hör mit mir" (aus der Axel Springer nach dem Krieg die "Hör zu" macht), bringt Wortelmann im Schacht-Verlag mit der "Film-Illustrierten" eine der ersten Fernsehzeitschriften auf den Markt.

1941
Der Schacht-Verlag wird wegen Papiermangel geschlossen, der 39-jährige Fritz Wortelmann zur Wehrmacht eingezogen. Während seines Kriegsdiensts in Belgien nimmt er das Puppenspiel wieder auf.

1942
Wortelmann lernt als Soldat den belgischen Puppenspielkünstler Jef Contryn kennen. Beide bauen ein Theater auf und führen Puppenspiele in Mechelen, Brüssel, Antwerpen und Gent auf – bis Fritz Wortelmann an die Ostfront verlegt wird und in Kriegsgefangenschaft gerät.

1947
Wortelmann baut gleich nach seiner Rückkehr aus sibirischer Kriegsgefangenschaft den Schacht-Verlag wieder auf.

1948
Wortelmann gründet die "Bochumer Woche", die später zu den "Bochumer Blättern – unabhängige Blätter für Kommunalpolitik und Kultur" wird, und gibt wieder die Zeitschrift "Der Puppenspieler" heraus. Politische Aussagen oder Stellungnahmen zur Nazi-Zeit umgeht er in der Vorrede von deren erster Neuausgabe, die den Titel "Das Herz gehört dazu" trägt.

1949
Gründung des "Deutschen Bundes für Puppenspiel", Wortelmann wird zum Vorsitzenden gewählt, die Geschäftsstelle nach Bochum verlegt. Er wird außerdem Vorsitzender des Puppenspielausschusses im Kultusministerium NRW (in dem es vor allem um die Regelung ging, welche Bühnen welche Stücke an öffentlichen Schulen aufführen dürfen).

1950
Im Januar wird das "Deutsche Institut für Puppenspiel gegründet", Leiter ist Fritz Wortelmann. Es tritt neben dem "Deutschen Bund für Puppenspiel" als Mitveranstalter der "Deutschen Puppentheaterwoche" in Kassel auf, des ersten Nachkriegsfestivals der Puppenspieler in Deutschland. Aufgabe des Instituts sollte unter anderem eine Verbesserung bzw. Einführung einer geregelten Ausbildung für Puppenspieler sein.

1956
Wortelmann gibt den "Bochumer Bürger" heraus, eine überparteiliche kommunalpolitische Heimatzeitschrift.

1958
Wortelmann und das "Deutsche Institut für Puppenspiel" geben Puppenspieler-Monographien unter dem Titel "Meister des Puppenspiels – hervorragende deutsche und ausländische Puppentheater der Gegenwart" heraus. Vom 3. bis 8. November findet in Bochum erstmals das Festival "Meister des Puppenspiels" statt, bei dem fast ausschließlich Solospieler zu erleben waren. Es richtete sich vor allem an ein Erwachsenen-Publikum.

1959
Der "Preis der Stadt Bochum für Laienpuppenspiel" wird als Teil des nun jährlich stattfindenden Festivals "Meister des Puppenspiels" zum ersten Mal vergeben, das Festival erhält den Zusatztitel "3. Deutsche Puppentheater-Woche", um an die Veranstaltungen 1950 in Kassel und 1951 in Düsseldorf anzuknüpfen. Beginn der Weiterbildungskurse am Deutschen Institut für Puppenspiel. Wortelmann leitet Seminare zur Geschichte des Puppenspiels und Dramaturgie.

1963
Wortelmann startet die Herausgabe der Zeitschrift "Figurentheater", die er als Nachfolgeorgan des von 1951 an nur noch unregelmäßig oder als Nachrichten-Blatt erschienenen "Puppentheaters" bezeichnet. Der neue Begriff ist im Zuge der von Wortelmann intendierten Aufwertung des Puppenspiels zu einer eigenständigen, auch wissenschaftlich zu untersuchenden Disziplin zu sehen. Er beabsichtigte mit der Vermeidung des Begriffs "Puppenspiel" die Unterscheidung zum Kinderspiel.

1964
Wortelmann publiziert für das Figurentheater die Buchreihe "Forschung und Lehre".

1970
Wortelmann gründet die Bochumer Figurentheaterschule (das heutige Figurentheater-Kolleg) als Teil des "Deutschen Instituts für Figurentheater" und sie wird als Weiterbildungsinstitution anerkannt. Sie bietet eine zweijährige Ausbildung an.

1971
Wortelmann gibt die Zeitschrift "Technik des Figurentheaters" heraus.

1972
Die Puppenspieltage "Meister des Puppenspiels" werden in "Figurentheater der Nationen" umbenannt.

1974
Wortelmann beginnt im Wintersemester seine "Einführung in die Figurentheaterkunde" als Lehrveranstaltung an der Ruhr-Universität Bochum. Bis zu seinem Tod hält er Vorlesungen und Seminare als Dozent für Figurentheaterkunde.

1. April 1976
Fritz Wortelmann stirbt überraschend im Alter von 74 Jahren. Bis zuletzt war er als Direktor des "Deutschen Instituts für Puppenspiel" aktiv. Der "Preis der Stadt Bochum für Laienpuppenspiel" wird nach seinem Tod in Fritz-Wortelmann-Preis umbenannt.

 

Die Daten wurden hauptsächlich zusammengetragen aus Andrea Schmidts Veröffentlichung "Zwischen Tradition und Experiment – Anmerkungen zu Puppenspiel und Avantgarde, zur Fortschreibung von Traditionslinien und zum Aufbau von Institutionen – unter besonderer Berücksichtigung der Aktivitäten Fritz Wortelmanns", 2002, Frankfurt am Main.