1913 - Der Sommer des Jahrhunderts

Samstag 12.03.2016
20:30 Uhr

Puppentheater Halle
Große Ulrichstraße 51
06108 Halle

Telefon: 0345 / 5110606
Fax: 0345 / 5110636


Bevor das zwanzigste Jahrhundert, das »Zeitalter der Extreme« (Eric Hobsbawn), in den ersten industriellen Weltkrieg der Geschichte mündete, ruhte es aus in einem langen Sommer. Als diesen bezeichnet der Schriftsteller Florian Illies das Jahr 1913 in seinem gleichnamigen Buch.

Monat für Monat blättert er den Kalender auf und enthüllt das gesellschaftliche Leben eines widersprüchlichen Jahres zwischen zwei Epochen: Hitler und Lenin könnten im Park aneinander vorbeigelaufen sein. Oskar Kokoschka liebt Alma Mahler, die ihn nur erhören will, wenn er ein Meisterwerk schafft. Franz Kafka wirbt um Felice Bauer und hat die größte Sorge, dass sie in die Heirat einwilligt. Sigmund Freud und Carl Gustav Jung verfeinden sich weiter. Es begegnen uns Rainer Maria Rilke, Gottfried Benn, Else Lasker-Schüler, die Brüder Heinrich und Thomas Mann, Karl Kraus, Franz Werfel. Das Who-is-Who? der klassischen Moderne – oftmals hatten die heute unbezahlbaren Künstler kaum das Geld, um die Miete zu begleichen. In Anekdoten und Pointen erfahren wir, wie Schriftsteller, Wissenschaftler und Politiker darum ringen, den Zeitgeist zu verstehen und nach ihren Wünschen zu gestalten. Mit dem Wissen von heute fragen wir uns, warum man eine Apokalypse nicht vorhersehen kann und die Zeichen nicht versteht. Aus der Fülle an Materialien, Charakteren, Begegnungen, der verblüffenden Gleichzeitigkeit von Ereignissen, in der die Nachgeborenen Sinn entdecken, destilliert dieser Abend Figuren und belebt Puppen in einer Séance, in der die Endlichkeit aufgehoben wird für den Augenblick, in dem wir sie anschauen dürfen. Regisseur Christoph Werner hat einen Satz von Albert Einstein im Blick, der besagt, dass die gesamte Energie des Universums nicht ausreicht, um die Zeit auch nur um eine einzige Sekunde zurückzudrehen. Dem Theater, immerhin gelingt bisweilen das Wunder eines Abends, an dem die Vergangenheit in die Gegenwart leuchtet.

 

Stückfassung und Regie: Christoph Werner

Bühne, Kostüme, Foto: Angela Baumgart

Puppen: Louise Nowitzki

Musik: Sebastian Herzfeld

Dramaturgie und Regieassistenz: Bernhild Bense

Spiel: Louise Nowitzki, Franziska Rattay, Ivana Sajevic, Nico Parisius, Christian Sengewald