Fritz Wortelmann-Puppensammlung

Fritz-Wortelmann-Puppensammlung

Der Theaterwissenschaftler und Verleger Fritz Wortelmann (1902-1976) setzte sich sein Leben lang für die Belange des Figurentheaters in Deutschland ein.

Mit dem Ziel der Dokumentation und Verbreitung sammelte er u.a. Theaterfiguren aus aller Welt. Dabei halfen ihm vermutlich die vielen Kontakte zu Puppenspieler*innen aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen während seiner langjährigen Arbeit. Denn eines der Ziele des von ihm gegründeten Deutschen Instituts für Puppenspiel (DIP) war das Sammeln und Ausstellen von Theaterfiguren, „um auf diesem Wege Kenntnis über das Puppenspiel zu verbreiten und ganz allgemein für den Gedanken des Puppenspiels zu werben.“ (Wortelmann im Entwurf des Instituts, ca. 1948)

Die Sammlung vergrößerte sich seit der Eröffnung des Deutschen Forums für Figurentheater und Puppenspielkunst als Nachfolgeorganisation des DIP um Ankäufe und Bestände privater Sammler*innen.

So entstand die Fritz-Wortelmann-Puppensammlung, deren wunderbare Vielfalt wir im imaginären Museum Puppets 4.0 und hier durch eine exemplarische Auswahl präsentieren möchten.

 

Fotografien: Simon Baucks

Richard Bradshaw - Schattentheater Australiens

Diese drei Schattenfiguren Richard Bradshaws sind Teil von Puppets 4.0 - Ein imaginäres Museum, um mehr zu erfahren besuchen Sie unser Museum! Informationen sind hier zu finden.

Richard Bradshaw arbeitete mit Jim Henson zusammen und war künstlerischer Leiter des australischen Marionettentheaters. Bradshaw gastierte zweimal in Bochum, wo er mit Wortelmann zusammentraf1. Bei einer dieser Gelegenheiten hat er Wortelmann die Schattenfiguren für seine Sammlung überlassen.

Hansueli Trüb hebt nicht nur die besondere Spielweise Bradshaws als von „Witz und Tempo“ gekennzeichnete hervor, sondern beschriebt weiterhin:

„Bradshaw spielt in der türkischen Spielweise, d.h. er drückt die Figuren (2 mm Sperrholz oder Karton) von hinten an den Schirm, die Führungsstäbe stehen also senkrecht zur Figur. Damit sie aber leicht verpackt werden können, sind sie mit einem Gelenk versehen. Dadurch, dass die Führungsstäbe möglichst nahe am Bewegungsgelenk der Figur befestigt werden, erreicht Bradshaw durch Drehen des Stabes eine optimale Bewegungsfreiheit. Die Einzelteile der Figur werden mit den bekannten und bewährten Drahtspiralen beweglich verbunden (Blumendraht). Bradshaw arbeitet auch mit beweglichen Teilen, die er mit Hilfe von Faden und Hutgummi bedient. Die eine Bewegungsrichtung (zur Ruhestellung hin) wird durch den Gummifaden ermöglicht. Der Gegenzug geschieht durch den Faden, der (evtl. via Umlenkung dem Haltestab entlang bis zur Hand des Spielers führt. Das Überraschende an Bradshaws Technik ist, dass man sie im Spiel nur ahnt. Keine Bewegung wirkt mechanisch, kein Fadenzug klemmt, keine Stäbe oder Verbindungen sind sichtbar. Das Spiel wirkt sehr spontan, leicht hingeworfen, verspielt. Alles geschieht mit einer unnachahmlichen Fingerfertigkeit und Geschwindigkeit. Keine Nummer ist auch nur eine Sekunde zu lang. Trotzdem spielt er spannende Momente ruhig und genüsslich aus, so dass das Programm zwar in rascher Abfolge verläuft, aber nie gehetzt wirkt. - Das Rezept: ausgeklügelte, aber aufs absolute Minimum reduzierte Technik und einwandfreie Planung („Half of my show is organisationl"). Dazu kommt eine gehörige Portion verspielten australischen Witzes und die Frechheit, sich über ungeschriebene Gesetze hinwegzusetzen und mit einer Figur alles zu machen, was sich machen lässt - erlaubt ist, was bühnenwirksam ist. So erscheinen durchaus Tiere, die auf dem Rücken gehen, keinen Kopf haben, den Bauch - anstatt den Kopf - verlieren oder sich in ein anderes Wesen verwandeln.“2

 

Seta Guetsoyan

 

 

 

1 Persönliches Gespräch der Autorin mit Richard Bradshaw während der 2. Deutschen Figurentheater Konferenz in Northeim 25.-27. August 2017

 

2 Puppenspiel und Puppenspieler. Zeitschrift für das Theater mit Figuren, Hrsg.: Schweizerische Vereinigung für Puppenspiel/Schweizerisches UNIMA Zentrum, Heft 1/1982, Nr.59 S. 28 u. 29