Vorgestellt: Das Theater mini-art in Bedburg-Hau

21. Juli 2020

Leiterin Crischa Ohler über das Haus und dessen außergewöhnliche Stoffe.

Das Theater mini-art befindet sich auf dem Gelände einer psychiatrischen Klinik. Welchen Einfluss hat dies auf Eure Arbeit und die Auswahl der Stücke?

Wir sind kein reines Figurentheater, sondern ein Schauspieltheater, das sich aller Ausdrucksweisen bedient. Wir beschäftigen uns schon immer mit den Grenzbereichen der Gesellschaft und mit Themen, die oftmals ausgespart, vergessen, oder verdrängt werden. Dazu gehören Themen wie Tod, Demenz, Einsamkeit, Patientenmorde zur Zeit der Nationalsozialisten... Ebenso interessiert uns der „heilende“ Aspekt von Theater. Unser Credo besagt unter anderem: „Theater ist ein Spiegel des Lebens, es ist ein sehr zerbrechliches Gebilde, es ist zerbrechlich wie das Leben selbst. Als Grenzgänger auf den verschiedenen Ebenen versuchen wir als Theatermacher dem Verletzlichen und den Verletzungen, dem Unsagbaren, den Wunden und den Wundern, den leisen und poetischen Tönen Gehör, Raum und Wertschätzung zu verschaffen.“

Zurzeit ist der Theaterbetrieb pandemiebedingt immer noch stark eingeschränkt. Wie geht Ihr mit der Situation um?

Im Herbst öffnen wir – hoffentlich – wieder unter der notwendigen, aber künstlerisch auch sehr beschränkenden Einhaltung aller Auflagen. Die Not-Pause wirft noch mehr als sonst die grundsätzliche Frage auf: Was – und wie – wollen wir mit Theater erzählen, spielen? Denn bei allen digitalen Ansätzen bleibt der zentrale Aspekt für Theater doch die einzigartige Live-Begegnung, das heißt die lebendigen, zwischenmenschlichen Begegnungen in der Einheit von Zeit und Raum, die die Empathie als notwendige Schlüsselkompetenz brauchen.

Wie sollte sich die Theaterlandschaft in dieser Zeit kulturpolitisch positionieren?

Wir müssen alles dafür tun, dass Theater sich als das, was es ist, behauptet – nämlich als „systemrelevant“. Dazu brauchen wir Vernetzung und die Einforderung kulturpolitischer Unterstützung (die beispielsweise in NRW auf einem guten Weg ist)!

Habt Ihr ein Projekt, an dem Ihr aktuell arbeitet und wenn ja, was macht es für Dich aus?

Wie das nächste Stück konkret aussehen wird, wissen wir noch nicht. Aber damit wird es zu tun haben: Wir beschäftigen uns als Theatermacher verstärkt mit Fragen der schöpferischen Ökologie und Philosophie – eine Wissenschaft, die Empfindung als essenzielle Qualität von Lebewesen würdigt, als Sehnsucht nach Mitmenschlichkeit, nach Mitgefühl – auch für die Natur. Und als Sehnsucht nach einer Welt, in der nicht Gleichgültigkeit, Egoismus, Zerstörung und soziale Kälte vorherrschen, sondern Empathie, Verständnis, Respekt und Verantwortungsbewusstsein. Das finde ich tröstlich.

Frage von Raphael Mürle vom Figurentheater Pforzheim: Ihr habt ja einige Stücke im Repertoire, die sich mit dem Thema „Tod“ auseinandersetzen. Ich könnte mir vorstellen, dass Kinder dazu einen ganz eigenen Zugang finden, aber welche Reaktionen bekommt Ihr von Erwachsenen?

Kinder sind in dieser Frage sehr offen und neugierig, sie wollen alles wissen. Erwachsene haben oft Berührungsängste mit dem Thema und behindern damit die Fragen der Kinder. Sie projizieren ihre eigene Unsicherheit, ihre Angst vor dem Tod (der doch eigentlich zum Leben dazu gehört) sowie davor, eine eindeutige Antworten geben zu müssen. Die gibt es aber nicht.

Wie lautet Deine Frage an das Theater mit Puppen – Dornerei in Neustadt a.d. Weinstraße, das wir als nächstes vorstellen werden?

Woher nehmt Ihr Eure künstlerischen und inhaltlichen Impulse? An was orientiert Ihr Euch bei Entscheidungen für neue Stücke (Zeitgeist, Publikumswünsche/-geschmack, persönliche Reaktionen auf Ereignisse, persönliche Interessen, Lebensgefühl, ökonomische Gesichtspunkte (die sind ja wichtig!), philosophische Fragen….)?

 

Vielen Dank an Crischa Ohler. Hier gehts zum Szeneeintrag des Theater mini-art.

 

 

Foto: Bas Marien