Die aktuelle Kritik

Theater der Jungen Welt Leipzig: "Mafia Kids"

Von Tobias Prüwer

Mein Block: Dirk Baum entwirft seinen Jugendthriller wie einen Film noir.

Hauptsache Ballern! Auf Drogen und Knarren fahren diese Kids ab. Die Jungs um Niko machen auf dicke Hose und kesse Lippe, dabei sind sie noch Backfische. Das macht die Clique aber nicht harmlos, wie in 70 treibenden Minuten zu erleben ist. Im Gegenteil: »Mafia Kids« kommt mit finsterem Paten und ohne Happy End daher.

Der in Leipzig wohlbekannte Figurenspieler Dirk Baum, er war am Haus Ensemblemitglied, hat den Thriller für Jugendliche am Theater der Jungen Welt inszeniert. Entstanden ist sein vom Film noir inspiriertes Maskentheater in Kooperation mit der Berliner Ernst-Busch-Hochschule. Kontrastreich und wie in Filmschnitten wechseln die Szenen ineinander über. Der ästhetische Zugriff ist um Street Credibility bemüht. Die Spieler tragen Sportbekleidung und Kapuzenpullover, zeigen sich entsprechenden Posen. Zum Glück kommt die »Straßenglaubwürdigkeit« mit typischem Rapperslang und -geste nicht zu gewollt rüber, wirkt oft wie ein leicht ironisches Zitat. Projizierte Testimonial-Schnippsel, in denen Schülerinnen über Demokratie, die Abhängigkeit von Datenkraken und Medienkonsum sprechen, sind dazwischen reingequetscht. Sie soll einen zweite, kritische Ebene bilden, was nicht ganz aufgeht, aber immerhin auch nicht stört im flotten Lauf der Inszenierung.

Zum Start krakelt ein Spieler mit einem Marker Graffiti auf die Spielfläche. Dann werden die dicken Stifte zu Spielfiguren für einen Prolog. Fotos von Plattenbauten werden an die hintere Wand projiziert: mein Block. Als schließlich die ganze Gang auftritt, kommen Masken ins Spiel. Die zwei Darstellenden (Nora-Lee Sanwald u. Moritz Ceste) setzen sich wechselnd Masken auf, ziehen Kapuzen über die Köpfe und schaffen mit jeweils anderem Habitus und Sprechweise verschiedene Typen. Werden sie nicht benötigt, ruhen die Masken auf in den Boden gesteckten Stäben. Sie können weggedreht oder sichtbar gemacht werden. Immer wieder neu lassen sich die Stäbe platzieren. Das flexible Bühnenbild ermöglicht so ein abwechslungsreiches Spiel, das das Duo ausgiebig auskostet. Beatlastige Musik besorgt ansehnliche Tanzeinlagen, in denen besonders Nora-Lee Sanwald zu Höchstformen inklusive Breakdance-Einlagen aufläuft. Das hat Drive und wenn Sanwald am verstörenden Ende plötzlich in roten Kleid erscheint, macht sie im Kontrast zur Jogginghosenwelt eine besonders gute Figur. Als Cliffhanger steht sie am Bühnenrand, den Blick festentschlossen. Fortsetzung folgt.

 

Premiere: 16.5.2019
Regie: Dirk Baum
Ausstattung: Moritz Ceste

Ausstattung: Dirk Baum
Ausstattung: Carsten Schmidt
Dramaturgie: Jörn Kalbitz
Video: Vladyslav Leyderman
Besetzung: Moritz Ceste, Nora-Lee Sanwald

Foto: Tom Schulze

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