Die aktuelle Kritik

Puppentheater Magdeburg: "Feuerwerk der Liebe"

Von Birgit Ahlert

Seit langem bereichert das Magdeburger Hofspektakel den Kultursommer. In diesem Jahr mit besonders viel Liebe.

Mit immer wieder neuen Ideen überrascht das Puppentheater Magdeburg jeden Sommer mit faszinierenden Aufführungen und Bühnenbildern, die über sich hinauswachsen. Groß, größer, raffiniert, funktional, verspielt, beeindruckend. Und so wurde mit besonderer Spannung erwartet, wohin es in diesem Jahr geht. Noch höher hinaus? Jawohl! In den Himmel. Ein Himmel, der gleichzeitig Meer ist. Dargestellt von großen Bildern, die das Spielfeld umranden. Einfach und effektiv, gleichzeitig bezaubernd. Dazwischen eine große Sandlandschaft, die Planetenstaub ebenso sein kann wie Strand. Und schon düst der Raumfahrer zur Musik von Credo im Sauseschritt und bringt die Liebe mit, von seinem Himmelsritt. Die Liebe! Niemand sonst symbolisiert sie so wie Amor. Der fliegt durch die Wolken hinab zum Strand, wo er mit seinen Pfeilen für ein wahres Feuerwerk der Liebe sorgen wird. Und das ist in diesem Fall nicht nur symbolisch gemeint. Die Inszenierung „Feuerwerk der Liebe“ entstand nach einer Idee und unter Regie von Marlis Hirche und Oliver Dassing, Die Pyromantiker Berlin, die bereits mehrfach mit dem Puppentheater zusammengearbeitet haben.

 

Am Strand landet eine Theatergesellschaft, um die Liebe zu feiern. Dazu reisen die Akteur*innen durch die Zeit und präsentieren Paare unterschiedlichster Couleur. Ob Märchen, Bühnen- oder Filmklassiker.  Angefangen von Anton Tschechows „Der Bär“, bei dem aus Streit Begierde wird, über „La Strada“ von Federico Fellini bis zu Shakespeares „Der Sturm“, der auch im Original auf einer Insel spielt. Zwischenzeitlich rätselt die Theatertruppe über Liebesdramen und Schüsse aus Eifersucht, Leidenschaft und Kränkung. Das alles in einem wunderbaren Spiel. Zu den herausragenden Szenen gehört die Adaption von Billy Wilders „Manche mögen's heiß“, bei der Molly (Luisa Grüning) im Marilyn-Monroe-Like den angeblich liebeskalten Joe (Leonard Schubert) zum Erglühen bringt. Neben Dramen, Märchen und Romanzen erfreuen Slapstick und Clownerie. Meisterlich gelungen: „Omphale“, bei dem nicht nur Rose und Charly (Linda Mattern und Richard Barborka) das Publikum erfreuen, die gesamte Theatercrew wird einbezogen, optisch und musikalisch. Wobei sich die schräge (Sand)Bühne besonders als geniale Spielfläche erweist.

Es finden sich die Paare, es lodert das Feuer, die Funken sprühen – mit kleinerem und größerem Feuerwerk, mit Knall und Rauch und mehreren Farben bis zum flammenden Herzen über allem. Amor lässt den Himmel leuchten und trifft dabei auch in die Herzen des Publikums. 

 

Bei all dem werden in diesem Jahr so wenige Puppen wie wohl noch nie eingesetzt. Was zwar schade ist, aber konsequent ins Gesamtbild passt. Da ist natürlich zunächst die Figur des Amor, gespielt von Lennart Morgenstern, der gleichzeitig in der Rolle des Pförtners durchs Liebesprogramm führt. Der „Froschkönig“ wird mit einer Flachmaske wunderbar in Szene gesetzt, „Romeo und Julia“ finden als Tischpuppen ihre Präsenz. Ein Schiffsmodell quert am Horizont. Wunderbare Möwen „fliegen“ an langgeführten Halterungen und ziehen die Aufmerksamkeit auf sich. Zur minimalistischen Ausstattung gehört eine gelbe Telefonzelle, die immer wieder zur Spielfläche wird, für Mensch(en) und eine Handpuppe. Im Sand versteckt sich ein geniales Requisit: ein Rahmen, der zu Bühne, Spiegel, Fenster, Balustrade wird. Opulent sind die Kostümkreationen. Die Musik – ob selbst oder eingespielt – setzt der Inszenierung stets das passende i-Tüpfelchen auf. Zwischendurch schaut Oliver Dassing höchstselbst immer wieder nach dem Rechten, sorgt als Brandmeister für Sicherheit ebenso wie Unterhaltung.

 

Es ist eine perfekte Inszenierung zum Fest der Liebe, die nicht nur auf der Bühne zu sehen ist, sondern ebenso zwischen Theater und Publikum besteht. Gefeiert wird damit sozusagen Silberhochzeit. Auch wenn der Ursprung der Open-Air-Aufführungen weiter zurückgeht, ist es in diesem Jahr die 25. Inszenierung unter dem Label Hofspektakel. Aufführungen gibt es bis 24. Juli 2022, die Tickets sind ausverkauft.

Mehr von den Pyromantikern gibt es in der angrenzenden FigurenSpielSammlung in der villa p. in der Sonderausstellung „Fliegende Affen und andere Kinderzimmergeheimnisse“ noch bis Ende Juli.


Hofspektakel: Feuerwerk der Liebe
Von Gabriele Hänel nach einer Idee von Marlis Hirche und Oliver Dassing
Uraufführung: 1. Juli 2022
Regie: Marlis Hirche und Oliver Dassing
Bühne und Kostüme: Klemens Kühn
Puppen: Kraut Hills
Fotos:
Viktoria Kühne
Termine unter www.puppentheater-magdeburg.de

0 Kommentare

Neuer Kommentar