Die aktuelle Kritik

1. Internationales Puppentheaterfestival in Zwickau

Von Andreas Herrmann

Von Cyber- bis Hexenterror – Das Zwickauer Puppentheater feiert die Wiedereröffnung der Spielstätte mit einem ersten Internationalen Festival, welches durchaus mit Gastspielqualität punktet.

Schon drei Jahre nach der Eigenständigkeit das erste internationale Festival in Eigenregie mit Folgen: Vom 10. bis 14. Oktober tanzen an sechs Orten in Zwickau dermaßen die Puppen, so dass es passieren könnte, dass das neue Puppentheater erstmalig als autonome Einheit überregional in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Erinnern wir uns kurz: Die beiden anno 2000 per Geldnot zusammengelegten Bühnen der früher mal kreisfreien Städte, also dem Vogtlandtheater Plauen und dem Westsächsischen Theater Zwickau, waren trotz sächsischem Kulturraumgesetz, welches lange keine dynamischen Zuschusssteigerungen vorsieht, über Jahrzehnte unterfinanziert. Die Puppenspieler blieben nach der unseligen Fusion der 80 Kilometer entfernten Häuser zwar eine eigenständige Sparte mit Sitz im Zwickau, hingen aber immerdar am Tropf der Spargroschen, so dass auch die nötige Sanierung des Hauses lange in den Sternen lag.

So darbte das neue Theater Plauen-Zwickau als Vierspartenhaus dank klammer Träger (zwei Städte & zwei Landkreise) immer wieder so herum, dass Mitarbeiterreduktion immer auf dem Plan und Spartenschließungen als Drohkulisse stets im Raum standen. Abgewendet ward das vom jüngsten Kulturpakt, als unerwartetes Wahlgeschenk ab Januar 2019 für vier Jahre einmalig gültig, mit Haustarifverträgen: jüngst waren das zehn Prozent Lohnverzicht vom Flächentarif – dafür Freizeitausgleich (also weniger Theater).

So drängte die Stadt Zwickau das Theater und dessen andere Träger, also Vogtlandkreis, Landkreis Zwickau und Stadt Plauen, auf Übernahme der Sparte als gemeinnützige GmbH unters Stadtdach, um das ewige Geldjammergedöhns und die Diskussion einer vermeintlich nötigen Spartenschließung aus Kostengründen – der Sparwert als Spartenbudget betrug damals rund 600 000 Euro – zu beenden. Seit der Spielzeit 2016/17 ist es nun nicht wirklich selbstständig, sondern schlüpfte unter den lokalen Rettungsschirm des städtischen Eigenbetriebs namens „Kultour Z“. Es musste hier allerdings einen Neuanfang wagen, zumal es, ebenso wie das benachbarte Gewandhaus als Theaterspielstätte, einer dringenden Sanierung bedurfte.

 

Puppentheater Zwickau mit neuer Funkelbühne

 

Diese ist nun endlich beendet: Am 10. Oktober wird die Spielstätte nach zwei Jahren Bauzeit wieder übergeben – und das erste Internationale Puppentheaterfestival, kuratiert von der Direktorin Monika Gerboc, kann starten. Es serviert dabei nicht nur internationale Gastspiele, sondern auch das Beste aus Sachsen, wozu eigens auch sächsische Kollegen aus Chemnitz, Bautzen und Radebeul angereist kommen. Mit Gästen aus zwölf Ländern ist es die bislang größte Veranstaltung aller Zeiten am Haus – mit dem vollen Spektrum von Handpuppen bis zu Drei-Meter-Marionetten. Bevor die Direktorin „unsere neue, funkelnde Bühne“ mit der eigenen hyperaktuellen Produktion „Cyberterror. Wenn Freunde zu Henkern werden“ mit Puppen von Alina Gruchala und Rafal Budnik als eine von fünf eigenen Beiträgen einweiht, gibt es eine Parade durch die Zwickauer Innenstadt und eine Zeremonie zur offiziellen Einweihung.

Dann geht es bis Montagmorgen, an dem „Das Lied der Grille“ und das hauseigene „Hänsel und Gretel“, per Hexenterror das Festival beenden, Schlag auf Schlag weiter. Die künstlerischen Höhepunkte für Größere bieten, rasch chronologisch aufgezählt, sicher weitgereiste Gäste: So Zero en Conducta mit „Nymia“ aus Argentinien, Yael Rasooly mit „Paper Cut“ aus Israel oder auch Une de plus mit „Trois“ aus Frankreich und die britische Pickled Image mit dem nicht ganz jugendfreien „Coulrophobia“ am Sonntagabend statt Tatort, nachdem das Fußtheater von Anne Klinge „Fußmord und andere Liebesdramen“ bot.

Aus Sachsen kommen „Besuch der alten Dame“ aus Bautzen, die weise Heym-Ode „Wenn mich einer fragte“ aus Chemnitz und „Kafka: Der Prozeß“ von der Einpersonensparte aus Radebeul und „Die Seiltänzerin“ aus Leipzig. Ergänzt wird das Programm um dreimal „Kaffeesahne“: Von Montag bis Freitag jeweils 14 Uhr wird vor allem das Fachpublikum diskutieren, so am Sonnabend zu Polit- und am Sonntag zu Babypuppenspiel. Danach zieht der Alltag ins auch technisch nagelneue Haus, wobei der Spielplan nicht sonderlich dicht gerät. Nach Plauen kommen die Puppenspieler derweil noch 28 Mal per anno, eingekauft als Gastspiel.

 

Netzinfos: www.puppentheater-zwickau.de/internationales-puppentheaterfestival/

 

Bildtext zu Puppe_Zwickau:

Die Spielerbrigade um Monika Gerboc (2.v.r.) vorm neuen Haus.

Foto: PR / Puppentheater Zwickau

 

Bildtext zu Gerboc:

Monika Gerboc kuratiert ihr erstes Festival – die bislang größte Veranstaltung des Zwickauer Puppentheaters.

Foto: PR / Puppentheater Zwickau

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