Die aktuelle Kritik

Musiktheater im Revier: "Drei miese, fiese Kerle"

Konrad und die karierte Katze jagen Gespenster

Mit „Drei miese, fiese Kerle“ schufen Paul Maar und die Illustratorin Susann Opel-Götz 2008 ein Kinderbuch, das fast schon zum Klassiker geworden ist. Dabei ist die Geschichte recht einfach gestrickt. Konrad wohnt mit seinen Eltern in einem hübschen Haus, das aber leider in „schlechter Lage“ steht. In nächster Nähe befindet sich das rußige Schloss, in dem drei schreckliche Gestalten wohnen, die immer wieder Wanderer beinahe zu Tode erschrecken. Konrad beschließt, etwas dagegen zu unternehmen. Seine Mutter gibt ihm Anti-Gespensterkugeln mit. Auf dem Weg zum Schloss trifft Konrad dann auf eine karierte Katze, die ihm weitere Tipps für den Kampf gegen die fiesen Kerle gibt. Nicht ganz uneigennützig, wie sich zeigt, weil die Katze sich von den Gespensterüberresten ernährt.

Am Musiktheater im Revier wurde am 23.11.2019 die Opernversion des Stoffes uraufgeführt. Das Libretto stammt von Manfred Weiß, die Musik komponierte Zad Moultaka. Sechs Musiker in der originellen Besetzung Kontrabass, Klarinette, Fagott, Trompete, Tuba und Percussion spielen unter der Leitung von Peter Goller. Sie sind auf der Bühne positioniert, halb versteckt hinter stilisierten Bretterbäumen (Ausstattung: Katrin Hieronimus), die über die gesamte Bühne verteilt stehen und durch Drehung auch zur Wohnküche in Konrads (Dongmin Lee) Elternhaus und den Türen des rußigen Schlosses werden. Zad Moultakas Komposition ist durchaus anspruchsvoll, spielt gelegentlich mit Effekten wie der Imitation eines Martinshorns, biedert sich aber nicht an einen (angenommenen) Geschmack der Kinder an. Und es erweist sich, dass das junge Zielpublikum mit der Klangsprache gut klarkommt. Zwischen Gesang und Musik gehen allerdings leider einige Sprachwitze des Textes, die sich auch an das Elternpublikum richten, unter.

Bei der Einfachheit der Geschichte gewinnen im Buch die Illustrationen an Bedeutung. Das ist in der Bühnenfassung nicht anders. Der Erfolg der Produktion hängt ganz maßgeblich von der Ausstattung ab. Insbesondere die miesen, fiesen Kerle und die karierte Katze müssen überzeugen. Anke Sieloff ist ein weißes Gespenst, das sich von der Anti-Gespensterkugel getroffen äußerst dekorativ in seine Einzelteile auflöst. Piotr Prochera ist als Bleicher Nachtmahr eine Mischung aus verwahrlostem Vorstadtzuhälter und Guildo Horn. John Lim trägt als dickes Ungeheuer seinen Bauch auf der falschen Seite und zitiert im Gesicht den Joker aus Gotham City. Uneingeschränkes Highlight der Inszenierung ist jedoch die karierte Katze. Melanie Sowa und Mario Hohmann haben eine Klappmaul-Puppe gebaut, die eher Katze mit karierter Hose ist, aber ein ungemein ausdrucksstarkes Gesicht hat. Geführt wird die Puppe von Benjamin Hoffmann, der der Katze auch seine Stimme leiht. Das ist ungemein beeindruckend. Der junge Tenor absolvierte extra für die Produktion einen Puppenspielkurs. Mit Erfolg, wie sich zeigt. Selbst wenn die Katze nicht gerade im Zentrum des Geschehens steht, lässt Hoffmann sie stets als Beobachter am Rande noch zum Hingucker werden. Die Katze, die die zweite Hälfte der rund einstündigen Oper dominiert, schafft dadurch, dass sie als Puppe noch einmal eine ganz neues szenisches Mittel bringt, eine konstante Aufmerksamkeit beim jungen Publikum.

Am Schluss steht die schlichte Erkenntnis, dass man mit Mut alles schaffen kann. Etwas gewöhnungsbedürftiger ist die zweite Schlussfolgerung aus der Geschichte, die in einem fast songhaften Finalensemble präsentiert wird: „ist jemand fies zu dir, dann fies zurück.“ Eine eigenartig alttestamentarische Auge-um-Auge-Auffassung, über die Eltern wohl mit ihren Sprösslingen nach der Aufführung noch reden sollten. In Bezug auf Gespenster und Monster ist das vielleicht eine angebrachte Vorgehensweise, auf dem Spielplatz könnte es aber problematisch werden.

 

Premiere:
23.11.2019

Fotograf: Björn Hickmann

Team:
Musikalische Leitung: Peter Goller
Inszenierung: Carsten Kirchmeier
Bühne und Kostüm: Katrin Hieronimus
Puppenbau: Melanie Sowa, Mario Hohmann

Mit:

Konrad: Dongmin Lee
1. Wanderer/Karierte Katze/2. Wanderer: Benjamin Hoffmann
1. Sanitäter/Bleiches Nachtmahr/Vater: Piotr Prochera
2. Sanitäter/Dickes Ungeheuer: John Lim
Mutter/Gespenst: Anke Sieloff

 

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