Landestheater Schleswig-Holstein: "Triade - Ein Pullett"
Foto: Theater
Clown im Quadrat
Oskar Schlemmer war ein Clown. Ein trauriger Clown. Auf der Bühne wie im Leben. Sein „Triadisches Ballett“ und die Bauhausexperimente unter seiner Leitung wurden zeitlebens mild belächelt. Erst die Nachwelt erkannte das Revolutionäre und Utopische in Schlemmers Theaterarbeiten an. In den letzten Jahrzehnten wurde vieles aus dem Fundus der Bauhausbühne hervorgeholt und abgestaubt – Figurinen, Modelle, Handpuppen, Fotografien, Zeichnungen, Texte. Doch mit Wehmut muss man feststellen, dass etwas unwiederbringlich verloren gegangen ist: die Magie, die die Objekte zum Leben erweckt.
Sven Stäcker, seit dem Jahr 2000 am Landestheater für die Sparte Puppenspiel auf der kleinen Bühne der TraumInsel Schleswig verantwortlich, ist weniger ein klinisch-nüchterner Frankenstein als Bühnenmagier mit Leib und Seele. Als verschrobener Theaterprinzipal mit Clownsnase führt Stäcker durch den Abend und in eine Welt, in der Dreiecke miteinander kämpfen, Uhren sich verspäten, und Himmel, Welt und Hölle in Schwingungen geraten.
Die Bühne, die Udo Hesse für den Abend entworfen hat, erinnert an ein Modell des Bauhausschülers Xanti Schawinksy zu einer Circus-Groteske von 1924. Typografische Elemente, collageartig zersprengte Körperbilder, geometrische Formen, rhythmisiert versetzte Vorhänge, Türen und Guckkästen sind eine liebenswürdige Hommage an den Klötzchen-Kompositionsstil des Bauhauses.
Auch das, was sich in diesem Bühnenbild abspielt, folgt dem Verfahren der Fragmentarisierung und Collage: Die Tänzerin Alexandra Pascu erzählt in einzelnen Szenen von der Geburt des Körpers, von der Begegnung mit der Geometrie des Kreises, Dreiecks und Quadrats, von anschmiegsamer Nähe, kantiger Verletzung und harter Ablehnung bis zur Befreiung im exzentrischen Tanz. Dazwischen scharwenzeln Tod und Teufel , einzelne Figurinen Schlemmers als Stabpuppen und Schwitters-Texte, die ebenfalls im Kontext der klassischen Avantgarde und der Revolution der Formen stehen.
Doch was im Ansatz eine viel versprechende Bearbeitung des Bauhausmythos' verspricht, entwickelt sich leider viel zu schnell in einen nicht ganz zweistündigen Treppenwitz mit Herzrhythmusstörungen: Statt nach lustvoll-irrsinnigem Experiment klingen die Texte wie mathematische Märchenkaraoke. Pascus Choreografien orientieren sich stilistisch und im Kostüm viel deutlicher am klassischen Ballett als an den Raum- und Körperstudien Schlemmers, statt Farbstudien gibt es Bonbonfarben im wilden Wechsel. Das Figurenspiel ist beliebig und unpräzise, den Puppen (Stäcker) fehlt es an Ausdruck und Fantasie. Auch wenn hier und da etwas vom absurden mathematischen Witz Schwitters aufblitzt und die Musik des Hindemith-Kollegen Ernst Toch eine überraschende Wiederentdeckung feiert, bleibt der Gesamteindruck der Inszenierung schal und ermüdend.
Schlemmer faszinierte am Bühnentanz und an den großen Clowns wie Keaton oder Chaplin die absolute Körperpräzision und mechanische Rhythmik. An beidem fehlt es Stäckers Inszenierung. Und vor allem vermisst man eines: den Mut zum Experiment, den waghalsigen Gang aufs Hochseil, den Kopf im Tigermaul – oder einfach nur die wahre Traurigkeit des Clowns.
Triade - Ein Pullett
FigurenTANZtheater von Sven Stäcker
Landestheater Schleswig
mit Musik von Ernst Toch
Sie: Alexandra Pascu
Engelin / Quadratmann (Mutter/Schaltermann/Phantasia): Sonja Langmack
Theaterclown (Tod/Teufel): Sven Stäcker
Kugelmann / Lesbia (Spirale des Lebens/Notorika): Inga Dieckelmann
Dreieckmann (Mondfrau/Schlange):Henriette Finger / Levke Horche
Regie/Puppenbau: Sven Stäcker
Choreographie:
Alexandra Pascu / Sven Stäcker
Ausstattung: Udo Hesse
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