Research: Forschungs-Verbindung Bochum-Teheran

01. März 2018

Hanieh Kordkazemi ist innerhalb weniger Monate bereits die zweite junge iranische Wissenschaftlerin am dfp.

Die 27-Jährige forscht im reichhaltigen Bochumer Archiv zu großen zeitgenössischen Künstler*innen aus der deutschen Figuren- und Objekttheaterszene und will dazu ein Buch veröffentlichen.

„Obwohl Iran ein großes Land ist, ist die Puppentheater-Szene nicht sehr groß“, sagt Hanieh Kordkazemi. „Wenn man gute Aufführungen sehen will, muss man nach Teheran gehen – und dort gibt es auch den einzigen Puppentheater-Studiengang an der Soore-Universität.“ Den absolvierte sie. Für ihre Bachelor-Arbeit beschäftigte sie sich mit Frauen, die auf unterschiedlichste Arten in Kriege involviert sind oder waren – als Soldatinnen, Reporterinnen, in der Rüstungsindustrie.

Nach Deutschland zog es sie auch deshalb, weil es in Iran nicht viele Möglichkeiten gibt, zum Thema Puppentheater zu forschen. „Der Bestand an Literatur ist sehr klein“, sagt sie. Deshalb kam ihr die Idee einer eigenen Veröffentlichung über zeitgenössische Künstler*innen aus der deutschen Szene. Gemeinsam mit der Leiterin des Deutschen Forums für Figurentheater Annette Dabs und der Leiterin des angeschlossenen Dokumentationszentrums Seta Guetsoyan wählte sie zehn exemplarische Akteur*innen der Szene, mit deren Arbeit sie sich bei ihrem Aufenthalt auseinandersetzt. Dazu gehören Uta Gebert, Suse Wächter und Wilde & Vogel. Besonders interessieren sie politische Inhalte in ihren Produktionen.

„Die junge Studierenden-Generation in Teheran ist sehr neugierig auf die deutsche Szene“, sagt Hanieh Kordkazemi, „deshalb werden sicher Verlage an der Veröffentlichung interessiert sein." Hilfe erhofft sie sich auch von der Kulturabteilung der deutschen Botschaft, zu der sie Kontakt aufnehmen will.

Überhaupt ist Hanieh Kordkazemi sehr umtriebig und nutzt ihren Aufenthalt in Bochum auch für Besuche verschiedener Stadtteile, touristischer Ziele wie den Kemnader See und der Ruhr-Universität. Überall kommt sie mit Anwohner*innen oder Studierenden ins Gespräch. „Weil ich so viel zum Thema Krieg gearbeitet habe, macht es mich traurig, hier so viele geflüchtete Menschen aus Syrien zu treffen“, sagt sie. Nach ihrem Aufenthalt in Bochum will sie noch einige Wochen in Berlin verbringen, wo sie an der Hochschule für Schauspiel „Ernst Busch“ weiter an ihrem Thema arbeiten kann.

Das Dokumentationszentrum des Deutschen Forums für Figurentheater und Puppenspielkunst in Bochum beherbergt über 4000 Bücher, 1500 Stück-Texte, eine große Sammlung von Aufführungs-Videos und deutsche und internationaler Figurentheater-Zeitschriften. Regelmäßig sind hier „Researcher in Residence“ zu Gast, die im Forum umsonst wohnen und arbeiten können und auch eine Verpflegungs-Pauschale erhalten.

 

Foto und Text: Max Kühlem