Künstler / Akteure

35 Jahre Puppen & Masken – Verleger Wilfried Nold

von Anke Meyer

Auf der Suche nach Büchern zu einem bestimmten Thema des Puppentheaters – oder, noch schlimmer, zum Objekttheater – ist man auch in sehr guten Buchhandlungen meistens verraten und verkauft. Abhilfe in diesem Dilemma verschafft seit vielen Jahren, ebenso unprätentiös wie beharrlich, der Verleger und Versandbuchhändler Wilfried Nold.

In diesem Jahr feiert er das 35-jährige Jubiläum seines ungewöhnlichen Ein-Mann-Unternehmens.

1976 eröffnete Nold spontan und ohne große verlegerische Vorkenntnisse seinen Verlag "Puppen & Masken" – seitdem ein Begriff für alle, die sich mit einer der vielen Varianten des Puppentheaters befassen.

Der Name des Verlages nimmt Bezug auf den gleichlautenden Titel eines 1973 von Peter Schumann veröffentlichten Buches über das "Bread and Puppet Theater" – bis heute eine Ikone des politischen (Figuren)Theaters in den USA. "Puppen & Masken" ist natürlich auch Programm, denn im Zentrum der Verlagstätigkeit und des Versandhandels steht das Puppen- und Figurentheater in all seinen konkreten Manifestationen: Theater mit Schatten, Projektionen, Masken und Objekten, Schwarzes Theater und zirzensische Formen, auch der Animations- und Silhouettenfilm finden Eingang in den Versandkatalog.

Das erste 1976 selbst verlegte Buch war die Dokumentation einer museumspädagogischen Spielaktion "Ägypter-Aktionen", durchgeführt von Wilfried Nold. Diese Verschränkung von eigener künstlerisch-pädagogischer Aktivität und Verlagstätigkeit bleibt ein Charakteristikum des kleinen Fach-Verlages, immer wieder bringt der Kunst- und Spielpädagoge Nold Dokumentationen eigener Aktionen oder Ausstellungen heraus. Im Vordergrund stehen hier nicht die Gewinnmargen einer Publikation, sondern das eigene Interesse des Verlegers an seinem Produkt. Dennoch konnte Nold in den ersten zwölf Jahren von seinem Verlag und einer in den 80er Jahren betriebenen Buchhandlung existieren. Die Frage, wie er das von zu Hause aus organisiert hat – u.a. Recherche für neue Titel, Lektorat, Korrektur, Kontakt mit Autoren und Druckereien, Lager, Büro, Verpackung und Versand! – beantwortet er schlicht und erstaunlich so:

"Das war immer ganz einfach, weil ich seit etwa 40 Jahren in einer großen, günstigen Altbauwohnung hier im Frankfurter Westend lebe. Da war immer genug Platz für meine Arbeit: zwei Zimmer und das Speisekämmerchen als Restlagerplatz. Zeit war auch für alles vorhanden, da ich 'Arbeit zu Hause' gerne mache. Meine Frau Lilo (Tanzpädagogin) und ich haben uns außerdem immer bei unseren Arbeiten gegenseitig unterstützt . . . "

Neben der Produktion von Büchern und deren Verkauf, neben Projekten im Bereich Puppentheater und solchen, die mit Ausstellungen oder Publikationen verbunden waren (z.B. "Schachtelmuseum" oder "Die schwangere Bibliothek"), fand er noch Zeit, seine Bücher selbst auf diversen Festivals anzubieten. Mit dem "Figurentheater der Nationen – FIDENA" in Bochum gab es dabei eine besondere Verbindung: "Mit Büchertischen habe ich 1978 bei der FIDENA angefangen und bin fast jedes Jahr dort gewesen bis zum Ende der 1980-er Jahre. Außerdem war ich einige Male in bei den Festivals in Braunschweig, Charleville-Mézières, Mistelbach und Wels, an verschiedenen Orten in der Schweiz, sowie je einmal in Belgien, Holland und Südtirol."

1989 nahm Nold zur Sicherung seiner Lebensgrundlage einen Halbtagsjob bei einer Beamtengewerkschaft an und blieb dort 20 Jahre. Das bedeutete zwar das Ende der reisenden Büchertische von "Puppen & Masken", nicht aber das Ende der regen Verlags- und Versandbuchhandelstätigkeit.

"Zur Zeit laufen 116 Titel unter meinem Verlag im VLB (Verzeichnis lieferbarer Bücher). Davon habe ich aus eigener Kraft bzw. mit eigenen Finanzen etwa die Hälfte herausgebracht. Bei der anderen Hälfte sind einige dabei, die von den Autoren oder auch von Theatern finanziert wurden und für die ich nach außen mit meiner ISBN als Verleger auftrete. Außerdem habe ich einige Publikationen als Restauflagen von anderen Verlagen übernommen und biete sie unter meiner ISBN neu an. Von diesem letzten Kontingent stammen glaube ich sechs Stück aus den Beständen des DIP**" ... darunter Klassiker wie Hans Richard Purschkes historisches Kompendium "Die Puppenspieltraditionen Europas – Deutschsprachige Gebiete" oder Gina Weinkauffs Untersuchung zum Figurentheater in der Arbeiterbewegung der 1920er Jahre "Der rote Kasper".

Wie auch die Eigenproduktionen von Puppen & Masken und ausgewählte Titel anderer Verlage finden sich diese Übernahmen in den durch kleine Portraits und Essays ergänzten "Büchermagazinen"; so heißen die Kataloge seines Versandbuchhandels, die Nold alle paar Jahre an Interessenten verschickt. 2011 erschien ein besonders umfangreicher Jubiläums-Katalog – mit dem Hinweis versehen, dass über Bestand und Neuerscheinungen in Zukunft ausschließlich elektronisch informiert wird. Für dieses letzte gedruckte Büchermagazin hat sich Wilfried Nold auch die Mühe gemacht, einige interessante Ausgaben der von 1963 bis 1990 erschienenen Zeitschrift "Figurentheater"** zu einem Themenpaket zu schnüren und zu kommentieren, darunter die von ihm besonders geschätzten Beiträge zum japanischen"Bunraku" Theater.

Bei der regelmäßigen Ergänzung seines Kataloges durch Neuerscheinungen und Neuentdeckungen stellte er einerseits fest, dass sich "erfreulicherweise das Spektrum der Fachzeitschriften nach dem Zusammenschluss von BRD und DDR thematisch erweitert hat und durch Mail- und Homepage-Aktionen bereichert wurde", andererseits beklagt er den Rückgang der Produktion von puppentheaterspezifischen Fachbüchern. Was aus seiner Sicht fehlt, sind vor allem "Praxisbücher zum Figurentheater, z.B. zu den Themen: Marionetten, Tisch- und Objekttheater sowie Bühnenbau, Bühnenbild etc.. Anscheinend gibt es den Enthusiasmus und die Schreiblust von Autoren wie Steinmann, Fettig und Roser nicht mehr." Die drei renommierten Puppenspieler und Autoren waren und sind mit erfolgreichen Publikationen bei Nold prominent vertreten. Doch auch die dürftige Förderpraxis für Fachbücher in Deutschland wirkt sich negativ auf die Produktion von Büchern zu einem Theater der Dinge aus - dass es auch anders ginge, zeigt der Blick nach Frankreich!

Doch der mangelhaften Förderpraxis zum Trotz kann Nold heute konstatieren: "Über die Bücher, die in den vergangenen 35 Jahren bei mir erschienen und die inzwischen vergriffen sind, habe ich keine Übersicht. Es wäre auch sehr mühevoll, die alle zu benennen und zu zählen ..." Wäre aber doch mal interessant! Vielleicht zum 40. Jubiläum ...?

Zum Verlag geht es auf www.puppenundmasken.de


Anke Meyer


Foto: Wilfried Nold im eigenen Laden
"Internationale Theaterbuchhandlung", 1985